in dieser Woche hatten wir viel zu verarbeiten. Neben reichlich frischen Quartalsbilanzen, allen voran natürlich die Zwischenwahlen, die Midterms, in den Vereinigten Staaten. US-Präsident Donald Trump hat die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren, im Senat behält er Oberwasser. Aber darüber hat Sie ja bereits gestern mein Kollege Cliff Michel ausführlich informiert. Uns soll es heute um etwas ganz anderes gehen…
Kurz vor dem Wochenende habe ich mir für Sie etwas Besonderes überlegt. Bei uns steht heute die Psychologie im Mittelpunkt, und zwar die Börsenpsychologie. Mit ihr hat sicher fast jeder von uns schon einmal Bekanntschaft geschlossen. Ein simples Beispiel: Die Märkte fallen, die Aktien in unserem Depot auch, und beim Anblick der Kursverluste erstarren wir beinahe vor blankem Entsetzen. Genau in Momenten wie diesen klopft die Börsenpsychologie an: „Verkaufen, verkaufen“, ertönt sie in unseren Köpfen.
Wenn die Hände zittriger werden, Ruhe bewahren!
Fallen die Kurse und man hat vielleicht schon ein kleines Minus eingefahren, da grummelt es gewaltig in unseren Bäuchen. Weitet sich das Minus aus, zweifeln wir an der Richtigkeit unserer Strategie. „Soll ich die Aktien behalten oder doch lieber noch schnell verkaufen, bevor ich ein richtig dickes Minus im Depot stehen habe?“ Die Hände werden zittriger, die Blicke ins Depot häufiger und die Verunsicherung nimmt gefühlt minütlich zu. Sobald wir tiefrote Vorzeichen bei unseren Positionen sehen, brennen schließlich alle Sicherungen durch und wir drücken den Verkaufsknopf.
Zumeist ein Fehler. Vor allem dann, wenn es sich bei den veräußerten Positionen um erstklassige Aktien handelt. Hat man diese zuvor meist doch zu einem höheren Preis erstanden. Womöglich damals schon wochen- oder gar monatelang auf günstigere Einstiegsniveaus gewartet, die natürlich just in diesem Moment nicht vorbeikamen, gerade wenn man sie gebraucht hätte…
Eine Meisterleistung eines jeden Privatanlegers...
Aber dann, ausgerechnet dann, wenn man sich dazu entschieden hat, bei den Lieblings-Aktien letztlich doch auf höherem Niveau zuzugreifen, da sie vermutlich ja eh nicht noch einmal günstiger zu haben sein werden, man vielleicht erste Gewinne im Depot eingefahren hat – genau dann geht es natürlich erst mal kräftig in den Keller mit den Titeln. Die zuvor eingeheimsten Gewinne haben sich in Luft aufgelöst, beim Blick in das eigene Depot sieht man plötzlich rot, tiefrot.
In so einem Moment der eigenen Börsenpsychologie die kalte Schulter zu zeigen und einen kühlen Kopf zu bewahren, ist enorm schwierig. Die eigene Angst vor Verlusten zu ignorieren, ruhig zu bleiben, die Korrektur auszusitzen – eine Meisterleistung eines jeden Privatanlegers. Doch der Lohn für Ihre Standhaftigkeit wird sich in Ihrem Depot schon bald bezahlt machen. Nämlich dann, wenn Sie Ihre Aktien nicht mit großen Verlusten verkauft haben, sondern ruhig geblieben sind und sich nun zurücklehnen und den Kursen wieder beim Klettern zuschauen können.
GIER und ANGST an der Börse
Die zwei großen Themen an der Börse sind sowieso GIER und ANGST – das meint zumindest Börsenpsychologe und Börsencoach Norman Welz. Doch Gier sei letztlich auch eine Form von Angst, so Welz: „Denn wenn ich gierig bin, dann steckt da tief drunter eine Angst in Form von ‚Ich habe Angst, etwas zu verpassen.‘ ‚Ich habe Angst, nichts wert zu sein.‘ ‚Ich habe Angst, dass ich nicht dazu gehöre.‘ Und so wird man gierig aus einem Angstgefühl heraus“, das hat uns der erfahrene Börsenpsychologe beim Hamburger Börsentag verraten.
Mein geschätzter Kollege und rasender Reporter Mick Knauff hat Norman Welz zu einem Interview auf die rote Couch gebeten. Die beiden haben über die größten Anlegerfehler, über die deutsche vs. amerikanische Aktienkultur, die Selbstverantwortung als Privatanleger und vieles, vieles mehr geplaudert.
Herausgekommen ist ein hochinteressantes Interview, welches Sie sich jetzt gleich selbst anschauen können und auch sollten. „Die Deutschen müssen risikofreudiger werden“, so Welz. Denn angesichts der Nullzinspolitik, Inflation etc. müsse man sich zwangsläufig Gedanken machen, welche Chancen es gibt, für sich irgendwie eine Rendite aus dem Markt zu ziehen. Und das gehe nun mal, gerade auch mit Blick in die Vergangenheit, am besten mit Aktien.
Norman Welz ist übrigens selbst Anleger, er weiß also wovon er spricht. Er rät: „Beim Anlegen ist es wichtig, dass man sich in einer Wohlfühlzone befindet, dass man sich mit dem, was man macht, identifizieren kann.“ Wie das gelingt und welche wertvollen Tipps Norman Welz uns auf dem Börsentag in Hamburg verraten hat, dass sehen Sie in nachfolgendem Video.