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Ausgabe vom 26. März 2013
- DAX-Insider: Chefs greifen bei den „gefallenen Engeln“ zu
- Theoretischer Exkurs: Was sind legale Insidergeschäfte?
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DAX-Insider: Chefs greifen bei den „gefallenen Engeln“ zu
von Cindy Bach
Redaktion BÖRSEN-SPIEGEL |
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
meine Erfahrung aus der Analyse von Insidertransaktionen – also Aktienorders von Führungspersonen mit Anteilen des eigenen Unternehmens – in den vergangenen Jahren hat mich vor allem eines gelehrt: Konzerninsider sind erstklassige Kontraindikatoren. Das bedeutet: Ihr Verhalten ist zumeist gegen den allgemeinen Markttrend gerichtet. Die Manager erwerben Aktien, nachdem sie gefallen sind und steigen aus, wenn die Papiere den Markt übertroffen haben.
Diese Tatsache lässt sich aktuell vor allem im DAX sehr eindrucksvoll beobachten. Wo schlagen die Konzernchefs bei eigenen Aktien zu? Bei den „gefallenen Engeln“ der vergangenen Monate: Metro, RWE, K+S und Commerzbank. Die nachfolgende Tabelle listet die Insiderkäufe im DAX der vergangenen zwei Wochen auf:
Datum
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WKN
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Unternehmen
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Name Insider
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Stellung
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Art
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Anzahl
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Kurs in Euro
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Volumen in Euro
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21.03.13
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725750
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Metro
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Olaf Koch
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Vorstandschef
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Kauf
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10.000
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22,29
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222.866
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20.03.13
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703712
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RWE
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Peter Terium
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Vorstandschef
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Kauf
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6.249
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28,90
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180.578
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19.03.13
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803200
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Commerzbank
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Jochen Klösges
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Vorstand
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Kauf
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44.310
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1,22
|
53.970
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18.03.13
|
803200
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Commerzbank
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Daniel Hampel
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Aufsichtsrat
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Kauf
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2.000
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1,19
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2.378
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14.03.13
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803200
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Commerzbank
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Martin Blessing
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Vorstandschef
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Kauf
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100.000
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1,21
|
120.900
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13.03.13
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803200
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Commerzbank
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Stephan Engels
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Finanzvorstand
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Kauf
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20.000
|
1,30
|
25.900
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11.03.13
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KSAG88
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K+S
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Karl Heidenreich
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Aufsichtsrat
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Kauf
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1.000
|
35,32
|
35.320
|
11.03.13
|
KSAG88
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K+S
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Heide Heidenreich
|
Ehefrau von Karl Heidenreich
|
Kauf
|
1.000
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35,33
|
35.325
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Während der DAX in den vergangenen Monaten behände in Richtung neuen Allzeithochs strebte, tendierten die Kurse von K+S eher seitwärts. Die Aktien von RWE, Metro und vor allem Commerzbank verloren kontinuierlich, nachdem sie zunächst die allgemeine Markterholung im Herbst nachvollzogen hatten. Nun aber setzen die Konzernchefs mit ihrem Kauf eigener Aktien ein Zeichen.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben nämlich ganz deutlich gezeigt, dass Aktien, nachdem Insider – also die Konzernchefs, Vorstandsmitglieder, Aufsichtsräte oder Top-Manager – sie gekauft haben, sich besser entwickeln als der Markt. Insiderkäufe spiegeln das Vertrauen der Konzernführung in ihr Unternehmen wider und zeigen, dass sie die aktuelle Bewertung ihres Konzerns an der Börse als zu niedrig ansehen. Sie sind somit eine wertvolle Informationsquelle für die künftige Aktienmarktentwicklung. Die Menschen, die börsennotierten Unternehmen besonders nahe stehen, wissen einfach am besten, wie es um den eigenen Konzern steht.
Also: Kaufe, wenn Vorstände, Aufsichtsräte und Großaktionäre kaufen – und verkaufe, wenn auch diese sich von größeren Beständen trennen? Natürlich kann man diesen theoretischen Ansatz nicht als Alleinstellungs-Kriterium für ein erfolgreiches Aktieninvestment nutzen. Es ist stets notwendig, die fundamentalen Daten und operativen Entwicklungen des Unternehmens in die Betrachtung einzubeziehen. Doch nach sieben Jahren intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema Insidertransaktionen kann ich getrost behaupten: Die Insider haben meist einen sehr guten Riecher.
Insider-Ehefrau mit glücklichem Händchen – oder einem guten Berater
Hier ein eindrucksvolles Beispiel: Die in familiärer Verbindung zum neuen Beiersdorf-Vorstandschef Stefan Heidenreich stehende Ellen-Brigitta Heidenreich (mit hoher Wahrscheinlichkeit dessen Ehenfrau) hatte am 4. April 2012 über die Börse 103.185 Beiersdorf-Aktien im Gegenwert von 4,995 Mio. Euro gekauft. Der Kauf erfolgte über Xetra in zwei Tranchen zum Schnittkurs von 48,42 Euro je Aktie. Und unmittelbar nach dem Kauf startete der DAX-Wert so richtig durch, nahm erst die 50-Euro-Marke und dann ziemlich schnell das bisherige Allzeithoch bei 56,39 Euro ins Visier. Frau Heidenreich machte somit aus ihrem Investment von 4,99 Mio. Euro binnen weniger Tage bereits eine Summe von 5,16 Mio. Euro. Und ich war damals der festen Überzeugung, dass Stefan Heidenreich seiner Frau wohl raten würde, dabei zu bleiben. Denn er hatte zu diesem Zeitpunkt gerade das Steuer von seinem Vorgänger Thomas-Bernd Quaas übernommen und sollte die Neuausrichtung des Konzerns weiter vorantreiben. Und Frau Heidenreich hörte auf ihren Mann. Sie blieb an Bord - zumindest bis zum 15. Februar dieses Jahres. Dann stieg sie aus und realisierte, wie uns die nachfolgende Tabelle zeigt, eindrucksvolle 1,8 Mio. Euro Gewinn vor Steuern.
Datum
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Name
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Art
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Anzahl
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Kurs
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Volumen
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15.02.2013
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Ellen-Brigitta Heidenreich
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Verkauf
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103.185
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65,87
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6.796.662
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04.04.2012
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Ellen-Brigitta Heidenreich
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Kauf
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103.185
|
48,42
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4.995.707
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Realisierter Gewinn vor Steuern:
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1.800.955
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Im BÖRSEN-SPIEGEL haben wir unseren Lesern in einer der letzten Ausgaben bereits unsere Handlungsempfehlungen zu RWE und Metro an die Hand gegeben. In der gestrigen Ausgabe haben wir unseren Musterdepotwert Beiersdorf (konservatives BÖRSEN-SPIEGEL-Depot, aktuelle Performance seit Erstkauf im Februar 2008: +102,37%) unter die Lupe genommen und das verbleibende Kurspotenzial ermittelt. Und in der kommenden Woche werden wir Düngemittel-Spezialist K+S ins Visier nehmen und dabei auch die aktuellen Insiderkäufe genauestens analysieren.
Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Tag.
Ihre
Cindy Bach
Theoretischer Exkurs: Was sind legale Insidergeschäfte?
Auf transparenten Kapitalmärkten müssen sich die Marktteilnehmer ein Bild davon machen können, wenn Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen in eigenen Aktien handeln also Papiere ihres eigenen Konzerns kaufen bzw. verkaufen. Das Wertpapierhandelsgesetz verlangt deshalb von Mitgliedern der Geschäftsführung oder des Aufsichtsorgans und von sonstigen Personen, die regelmäßig Zugang zu Insiderinformationen haben und die wesentliche unternehmerische Entscheidungen treffen, dass sie Geschäfte mit eigenen Aktien innerhalb von fünf Werktagen melden – und zwar sowohl dem Emittenten als auch der BaFin (§ 15a WpHG).
Alle meldepflichtigen Geschäfte muss der Emittent laut Gesetz „unverzüglich einem Bündel von Medien zur europaweiten Verbreitung“ zuleiten. Darüber hinaus muss er die Informationen an das Unternehmensregister weiterleiten, das sie speichert.
Das Gleiche gilt auch für Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, unterhaltspflichtige Kinder und andere Verwandte, die mit den Insidern seit mindestens einem Jahr im selben Haushalt leben. Mitteilungspflichtig können unter bestimmten Voraussetzungen auch juristische Personen sein, wie treuhänderisch tätige Einrichtungen (z. B. Stiftungen) und Personengesellschaften.
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