Denn am Mittwochnachmittag Washingtoner Zeit wurde vor dem Weißen Haus von Trump und Juncker plötzlich von einer Einigung im Streit um die Zölle berichtet. Donald Trump war so begeistert, dass er sofort ein Foto mit Juncker und ihm twitterte: „Europa und USA haben sich lieb“.
Erfahren Sie im heutigen Pressespiegel wie Wirtschaftsmedien die Einigung aus Anlegersicht bewerten.
Das meinen die Experten:
Focus Online News
Vom 26.07.2018
Deal zwischen Trump und Juncker beflügelt deutschen Aktienmarkt
„Die Anleger am deutschen Aktienmarkt haben am Donnerstag die abgewendete Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) gefeiert. Der DAX machte prompt die Verluste des Vortages wett. Der DAX stieg im frühen Handel um 1,25% auf 12.736,61 Punkte. Für den MDAX der mittelgroßen Unternehmen ging es um 1,17% auf 26.998,45 Punkte nach oben. Der Technologiewerte-Index TecDAX rückte um 1,09% auf 2947,66 Punkte vor. Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone gewann 0,7%.“
boerseARD.de
Vom 26. Juli 2018
Erleichterungsrally im DAX
„Nach der Einigung auf Gespräche mit den USA sind weitere Zölle erst einmal vom Tisch. Eine gute Nachricht für die Börse, zumal damit im Vorfeld nicht unbedingt zu rechnen war. Die Anleger greifen am Morgen zu. Zur Eröffnung steigt der DAX nach dem Politikkrimi aus Washington wieder über die Marke von 12.700 Punkten, ein Zuwachs von rund 1,3%. Die Entspannung im Handelskonflikt, auf die sich US-Präsident Trump und EU-Kommissionschef Juncker am Vorabend geeinigt hatten, dürfte zunächst das beherrschende Thema des Tages sein, auch wenn Zweifel bei der Umsetzung bleiben dürften. Besonders Autoaktien legen zu, da die von Trump angedrohten Zölle auf Importautos nun nicht eingeführt werden. Auch Daimler-Papiere ziehen trotz eines schwierigen Quartalsberichtes an, wenn auch weniger stark als die Konkurrenz. Der Stuttgarter Autobauer verzeichnete unter anderem durch Zölle, aber auch durch Rechtskosten im zweiten Quartal einen Gewinneinbruch. An der Spitze des DAX stehen BMW und VW, auch Continental ist gesucht.“
Finanzen.net
Vom 26.07.2018
Aufatmen an Europas Börsen nach Juncker/Trump-Deal
„EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald Trump hatten sich bei ihrem Treffen überraschend darauf geeinigt, Verhandlungen zum Abbau von Handelshemmnissen aufzunehmen. Gleichzeitig verzichten die USA vorerst darauf, europäische Autoimporte mit Strafzöllen zu belegen. ‚Der Trump/Juncker-Pakt ist zwar eine willkommene Atempause, aber kein Grund für ein Freudenfest‘, betonten die Experten des Research-Hauses Gavekal. Commerzbank-Analystin Antje Praefcke bezeichnete die Kompromissbereitschaft Trumps als politisches Kalkül. ‚Denn innerhalb der USA regte sich zuletzt erheblicher Widerstand aus der eigenen sowie der Oppositionspartei, vor allem aber auch aus Industrie und Handelsverbänden.‘
Mit Kursgewinnen von zweitweise jeweils rund 5% gehörten die Aktien von BMW und Volkswagen zu den Favoriten am deutschen Aktienmarkt. Zulieferer wie Continental oder Hella waren ebenfalls gefragt und legten bis zu 4,9% zu. Die Aktien von Daimler hinkten mit Kurszuwächsen von 1% hinterher. Die Erträge des Stuttgarter Autobauers seien stärker eingebrochen als erwartet, schrieb die DZ Bank in einem Kommentar.
Die Einigung zwischen Trump und Juncker spiegelte sich auch am Rohstoffmarkt wider, weil sie verstärkte Exporte von US-Sojabohnen nach Europa beinhaltet. ‚Das wird den Nachfragerückgang aus China wegen des Zollstreits abfedern‘, sagte ein Börsianer. Der Preis für US-Soja stieg daraufhin um bis zu 2,2% auf ein Vier-Wochen-Hoch von 8,80 Dollar je Scheffel (etwa 35 Liter)."
Handelsblatt
Vom 26. Juli 2018
Trumps und Junckers Handelspakt hat viele Haken
„… Die USA und die EU haben sich im Handelsstreit überraschend angenähert. Trotzdem lässt das Treffen zwischen Trump und Juncker entscheidende Fragen offen.
Warum Junckers Besuch im Weißen Haus noch kein Grund zum Aufatmen ist: der Überblick.
1. Das Ergebnis ist eine Annäherung, kein Deal
Juncker sagte in Washington: ‚Ich hatte heute die Absicht, einen Deal zu machen. Und wir haben heute einen Deal gemacht.‘ Das stimmt so nicht. Das Ergebnis des Treffens ist eine Absichtserklärung, keine Abmachung. Juncker und EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, die mit nach Washington gereist war, haben der EU in erster Linie Zeit verschafft. Eine hochkarätige, amerikanisch-europäische Arbeitsgruppe (laut Trump ‚sehr intelligente Leute‘) wird sich nun an den Verhandlungstisch setzen. Sie soll darüber sprechen, in welchen Bereichen transatlantische Handelsbarrieren abgebaut werden können.
… Die auf beiden Seiten des Atlantiks abweichenden Zollsätze für Autoimporte sind aus den Verhandlungen ausgeklammert, auch Bereiche wie Agrar oder Kultur gehören nicht dazu. Im besten Fall entsteht am Ende eine Art ‚TTIP Light‘. Einen Zeitplan für diese Gespräche gibt es bislang nicht. … Noch gibt es also keinen ‚Deal‘, den man lesen, unterzeichnen oder auf den man sich berufen könnte.
2. Die Strafzölle bleiben vorerst in Kraft
Die amerikanischen Strafzölle auf Stahl- und Aluminium, die auch gegen die EU greifen, bleiben vorerst bestehen. Im Juni hatten die USA Zölle in Höhe von 25% (Stahl) und 10% (Aluminium) verhängt. Die EU reagierte mit Vergeltungszöllen gegen US-Produkte wie Harley-Motorräder, Bourbon oder Jeans. Auch diese Zölle werden vorerst nicht aufgehoben.
Der transatlantische Handelskrieg ist nicht beendet. Beide Seiten haben lediglich auf die Pausentaste gedrückt. Immerhin gibt es das gegenseitige Bekenntnis, die aktuellen Strafzölle abzuräumen. ‚Wir wollen auch die Zölle und Vergeltungszölle für Stahl und Aluminium lösen‘, heißt es in der Erklärung. Doch wann? Und unter welchen Bedingungen? Das ist unklar.
3. Autozölle sind verschoben, nicht vom Tisch
Der größte Erfolg für Juncker ist die Zusage der USA, vorerst keine neuen Strafzölle einzuführen. Diese Bereitschaft verscheucht für den Moment das Schreckgespenst Autozölle, worüber insbesondere deutsche Autobauer sehr erleichtert sein dürften. In den kommenden Wochen wollte Trumps Handelsminister Wilbur Ross einen Report vorlegen, der die Einführung von Importzöllen auf Autos sehr wahrscheinlich gemacht hätte. Der Druck ist nun entschärft, die Option auf unbestimmte Zeit verschoben. …
4. Sojabohnen und Flüssiggas sollen den Konflikt lösen? Wohl kaum.
Juncker hat Trump in Washington versprochen, dass die EU künftig mehr US-Produkte abnimmt. Konkret soll das Flüssiggas LNG in höheren Mengen in die EU exportiert werden. ‚Die Europäische Union will mehr verflüssigtes Erdgas (LNG) aus den USA importieren, um ihre Energieversorgung zu diversifizieren‘, heißt es in der Erklärung.
… Wird die EU in dieser Frage mit einer Stimme sprechen? Und was bedeutet die Öffnung des Energiemarkts in Richtung USA für Gaslieferungen aus Russland, speziell für den Bau der umstrittenen Pipeline Nordstream 2? Alles offene Fragen, die in den Verhandlungen zu Konflikten führen könnten.
Auch Schiffe voller Sojabohnen versprechen keine schnelle Lösung. Juncker betonte, dass ‚die EU mehr Sojabohnen aus den USA importieren kann, und das wird geschehen‘. Trump triumphierte: ‚Die EU wird fast sofort damit beginnen, eine Menge Sojabohnen zu kaufen, vor allem von unseren Landwirten im Mittleren Westen.‘ In der Erklärung aber klingt die Absicht viel verhaltener. ‚Wir werden auch daran arbeiten, den Handel mit Dienstleistungen, Chemikalien, Arzneimitteln, medizinischen Produkten sowie Sojabohnen zu erhöhen‘, heißt es darin. Man muss sich also noch über Mengen und Zeiträume einig werden, außerdem droht eine neue EU-Debatte über Gensoja.
5. Trump hat weiter die Oberhand
Der US-Präsident kann den Gipfel vor seinen Anhängern als Beweis verkaufen, dass sein Prinzip des einseitigen Druck-Ausübens funktioniert. Immerhin hat die EU einige konkrete Zugeständnisse gemacht, während die US-Regierung lediglich weitere Strafzölle eingefroren hat. Aber auch Juncker hat viel erreicht. Er hat die Lage in Washington deeskaliert, was angesichts der seit Monaten angespannten Beziehungen bemerkenswert ist.“
Die Einigung scheint also insgesamt ein Spiel auf Zeit zu sein, aber die deutschen Autobauer und Börsen atmen heute erst einmal auf.
Ich hoffe, Sie können bei der Sommerhitze auch ab und zu aufatmen und wünsche Ihnen einen hoffentlich nicht zu heißen Tag.
Herzliche Grüße
Ihre
Martina Bisdorf
(Chefredakteurin BÖRSEN-SPIEGELdaily)
PS: Ganz so ruhig wird der heutige Tag doch nicht. Denn am Nachmittag wird EZB-Chef Mario Draghi den neusten Zinsentscheid verkünden. Die große Frage, die sich alle stellen: Gibt es erste Hinweise auf eine Zinnwende seitens der EZB? Ein spannender Tag also.