GroKo und kein Ende, Regierungsbildung und kein Anfang? Ein leidiges Thema, das uns nun schon seit sage und schreibe einem knappen halben Jahr beschäftigt. Nun geht es offenbar dem Ende zu. Hoffentlich ist diese Aussage nicht auch noch wörtlich zu nehmen, denn die potenzielle Besetzung der Ämter spricht nicht unbedingt für geballtes Know-how, wenn ich das einmal so sagen darf. Vor allem nicht, was die finanz- und wirtschaftspolitische Ebene anbelangt.
Politischer Sachverstand – Fehlanzeige?
Aber ich will mich hier gar nicht weiter darüber auslassen, was ich da auf uns zukommen sehe – oder eben auch nicht. Dennoch haben sich gerade in der letzten Woche fast alle einschlägigen Wirtschafts- und Finanzmedien und natürlich auch die namhaften Börsenanalysten in ihren Börsenbriefen mit diesem Thema beschäftigt. Wie Sie wissen, greife ich an dieser Stelle nicht gerne vor, denn jeder sollte sich sein eigenes Bild machen. Deshalb habe ich Ihnen heute drei repräsentative Artikel aus renommierten Finanzpublikationen zusammengestellt.
Lesen Sie also in aller Ruhe, wir Egbert Prior, sowie die Experten von Focus Money und der Actien-Börse daily unsere politische Zukunft und damit auch die künftige Lage an den Aktienmärkten einschätzen.
Das meinen die Experten:
Prior Börse
Vom 28. Februar 2018
Kein Rückenwind für die Börse
„Am kommenden Sonntag will die SPD das Ergebnis ihres Mitgliederentscheids bekanntgeben. Die Zustimmung zur großen Koalition scheint mir sicher. Denn die Traditionspartei möchte keinen kollektiven Selbstmord begehen, bei Neuwahlen könnte die SPD schwächer abschneiden als die AfD. Rückenwind für die Börse ist vom neuen Kabinett Merkel sicher nicht zu erwarten. Ganz im Gegenteil. Der SPD das Finanzministerium zu überlassen, ist so, wie einem Hund die Bewachung eines Wurstvorrats anzuvertrauen. Während in den USA die Steuerreform und die in Aussicht gestellten Infrastrukturinvestitionen den Aktienmarkt beflügeln, gibt es hierzulande nichts dergleichen. Eine Steuerreform ist nicht in Sicht. Der zukünftigen Regierung fehlt es an klaren Zielsetzungen, stattdessen wird weiter ,gemerkelt‘ wie bisher. Solange die Wirtschaft gut läuft, ist das alles kein großes Problem, anders sieht es aus, wenn die nächste Krise kommt. Glücklicherweise ist der Einfluss der Politik auf die Börse begrenzt. Wirtschaft und Unternehmen sind flexibel und können auch unter schwierigen Rahmenbedingungen erfolgreich sein.“
Focus Money
Vom 27. Februar 2018
Sind wir eine Bananenrepublik?
„Woran erkennt man eine Bananenrepublik? Nun, so genau weiß ich das auch nicht. Aber ist Deutschland vielleicht eine Bananenrepublik? Dazu bräuchte man eine Definition. Versuchen wir es also mal mit folgenden Merkmalen: 1. Kennzeichen einer Bananenrepublik: Wahlen werden getürkt. (…) Werden also Wahlen in Deutschland getürkt? Nun, zunächst einmal ist auffällig, dass ganze 0,7% der Wahlberechtigten (die SPD-Mitglieder) im Rahmen des SPD-Mitgliederentscheids über das Ergebnis der Bundestagswahl abstimmen. Diese 460.000 Mitglieder sind ein absolut nicht repräsentativer Kreis. Nur 32% sind Frauen. Jüngere Leute im Alter von 18 bis 30 Jahren sind mit 8% krass unterrepräsentiert – genauso wie die 31- bis 40-Jährigen. Zur Gruppe der 41- bis 50-Jährigen zählen 11%. Beherrschend hingegen sind die Leute im Alter von 51 bis über 80 Jahren: Sie machen 73% aller Parteimitglieder aus. 2. Kennzeichen einer Bananenrepublik: Gerichtsbeschlüsse werden ignoriert. Vor eineinhalb Jahren hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die politisch verfügte Stilllegung von acht Atomkraftwerken im Jahr 2011 nicht ganz korrekt abgelaufen ist. (…) Die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes gilt auch für Atomkonzerne. Und sie gilt auch dann, wenn die Atomkraftwerke vor allem abgeschaltet werden, um die Umfragewerte der eigenen Partei wieder steigen und die der Grünen sinken zu lassen. Die Rechnung präsentierte im Jahr 2016 das Bundesverfassungsgericht: Es erinnerte die Bundesregierung daran, dass sie den Atomkonzernen lange vor Fukushima langfristige Produktionskontingente zugeteilt habe. Diese stellten ein geldwertes Eigentum dar, und das Recht daran habe die Bundesregierung verletzt. Das Verfassungsgericht war jedoch gnädig mit der Bundesregierung und dem Steuerzahler und verlangte nicht unbedingt einen Barausgleich des Schadens. Der Entschädigungsanspruch könnte auch über eine Verlängerung der Laufzeit anderer Atommeiler eines Unternehmens abgegolten werden. Doch diese budgetschonende Variante war offensichtlich vor den Bundestagswahlen für die Parteien nicht opportun. (…) Eine Einigung hätte sich auch hier für den Steuerzahler budgetschonend ausgewirkt. 3. Kennzeichen einer Bananenrepublik: Die Armee ist nicht funktionstüchtig. Darüber lacht die Welt, z. B. die britische Tageszeitung ,Sun’: Zu Deutsch: Die Bundesrepublik kann ihre Versprechen der Nato gegenüber leider nicht einhalten, weil 35 von 44 Leopard-2-Panzern und elf von 14 gepanzerten Infanteriefahrzeugen nicht einsatzfähig sind. Eine ,schnelle Eingreiftruppe‘ der Bundeswehr ist also so etwas wie ein ,quadratischer Kreis‘: ein Widerspruch in sich – ein Oxymoron in einer Bananenrepublik!“
AB-Daily
Vom 26. Februar 2018
Merkels „Küchenkabinett“
„Der technische Spielraum für die Indizes ist weiterhin nach oben offen, wenn auch begrenzt. Je langsamer dies abläuft, umso besser. Für den DAX liegen die maximalen Ziele vorerst bei 12.800 und mit Glück bei 13.000 und somit 5 bis 6% über den Daumen. Politik gehört nur teilweise dazu. Angela Merkel präsentiert heute ihr eigenes ‚Küchenkabinett‘. Uns interessiert lediglich, wer Bundeswirtschaftsminister wird. Das ist eher traurig. Peter Altmeier ist ein Jurist ohne jede wirtschaftliche Kenntnis. Gerüchten zufolge denkt er daran, Rainer Baake als Staatssekretär zu übernehmen, der als überzeugter Grüner die Strompolitik in Deutschland in den letzten Jahren wie kein anderer geprägt hat. Was daraus wurde, ist bekannt. Somit wird Deutschland von einem SPD-Finanzminister (ohne Sachkenntnis) und einem CDU-Wirtschaftsminister (ohne Sachkenntnis) regiert. Kein Kommentar dazu.“
Mit diesen Eindrücken zur politischen Lage in Deutschland überlasse ich Sie nun Ihren eigenen Gedanken.
Ihre
Martina Bisdorf
(Chefredakteurin BÖRSEN-SPIEGELdaily)
PS: Am Sonntag wissen wir vielleicht mehr. Ich sage bewusst „vielleicht“, denn auch wenn wir schon meinen zu wissen, wie die Abstimmung der SPD-Basis ausgeht, vor „Überraschungen“ haben uns die Genossen jüngst nicht verschont.