Börse, Wirtschaft, Lifestyle - Was Anleger & Börsenprofis bewegt
Ausgabe vom 10. Mai 2017

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Pressespiegel:
„Sell in May and go away“ –
Was ist dran an der Börsenweisheit?
von Martina Bisdorf
Redaktion BÖRSEN-SPIEGEL Like Follow
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
alle Jahre wieder werden wir hier in der Redaktion von unseren Lesern darauf angesprochen, ob denn was dran sei an der alten Börsenweisheit „Sell in May and go away“. Nun, ganz ehrlich, darauf kann man natürlich nicht pauschal antworten. Denn jedes Jahr haben wir andere Begleitumstände, die die Märkte in bestimmte Bahnen lenken, auch wenn das scheinbare Wiederkehren bestimmter Sachverhalte die Menschen immer schnell dazu verleitet, eine Regel daraus zu machen.
Sicher ist nur eines: Wir haben Mai!
Dieses Jahr bestimmen politische Gemengelagen entscheidend mit. Auch wenn politische Börsen keine lange Lebensdauer haben, so beeinflussen Wahlergebnisse oder geopolitische Verschiebungen doch mindestens kurzfristig die Aktienmärkte. Und davon gibt es im Wahljahr 2017 genug, ganz abgesehen von anhaltender Terrorgefahr und sonstigen Unsicherheiten.
Wie auch immer, wir haben Mai. Sicher ist hier börsentechnisch nur eine alljährliche Wiederkehr: Der Wonnemonat ist die Zeit der meisten Hauptversammlungen der großen Konzerne, bei denen es traditionell um die Bekanntgabe der Dividendenausschüttungen geht.
Was das gute alte Börsensprichwort anbelangt, darüber haben sich dieser Tage etliche meiner Kollegen aus verschiedenen Börsenbrief-Redaktionen Gedanken gemacht. Drei aussagekräftige Artikel zu „Sell in May…“ habe ich für Sie ausgewählt.
Das meinen die Experten:
Geldbrief
Vom 09. Mai 2017
Es könnte auch anders kommen…
„Alle Jahre wieder heißt es: ,Sell in May and go away‘. 2017 könnte es aber durchaus anders kommen. Auslöser einer Sommerrally sind die abnehmenden politischen Risiken in Europa. Mit dem Sieg des europafreundlichen Linksliberalen Macron bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich ist das Risiko des Zerfalls der Eurozone vorerst gebannt. Nächster Termin im europäischen Politkalender ist der 8. Juni; dann finden in Großbritannien die vorgezogenen Parlamentswahlen statt. Zurzeit sagen die Umfragen einen klaren Wahlsieg der regierenden Konservativen Partei (,Tories‘) voraus. Rekordtiefe Zinsen, steigende Unternehmensgewinne und überwiegend positive Konjunktursignale sind der Treibsatz für die bereits seit neun Jahren anhaltende Hochdruckwetterperiode an den Börsen. Und dunkle Wolken sind derzeit kaum auszumachen. Für dieses Jahr gilt in Europa sowieso ,nach den Wahlen ist vor den Wahlen‘. Läuft alles planmäßig, preist der europäische Aktienmarkt diese politischen Risiken, so diese überhaupt bestehen, aus. Allein der französische Index CAC 40 hat in den vergangenen zwei Wochen - zwischen den beiden Wahlrunden - mehr als 7% zugelegt. Für den DAX bedeutet das: Kursziel 13.000 Punkte. Das entspricht in etwa dem Allzeithoch des DAX-Kursindex aus dem Jahr 2015, nicht mehr und nicht weniger.“
Der Aktionär
Vom 09. Mai 2017
Die Saat für eine reiche Ernte ausbringen
„Nun ist er also da, der Wonnemonat Mai. Von Wonne ist aber noch nicht viel zu sehen. Gemeint ist das Wetter, nicht die Börse, es wird höchste Zeit, dass die Temperaturen sich endlich über 15 Grad einpendeln, der Himmel sich mehr blau statt grau färbt und die Sonne sich wenigstens sporadisch blicken lässt. Börsentechnisch kann man sich dagegen aktuell nicht beschweren. Die Bären faulenzen in der nicht vorhandenen Sonne, während die Bullen sich bei unter zehn Grad warmlaufen. Von ,Sell in May‘ ist an den Märkten glücklicherweise nichts zu sehen. Wie an dieser Stelle in der vergangenen Woche schon geschrieben, gibt es regelmäßig Ausnahmen von dieser Börsenregel. Und es sieht tatsächlich nicht schlecht aus. Die laufende Berichtssaison hat bis dato vor allem freudige Überraschungen parat. Big Player wie Amazon, Alphabet und Microsoft schlugen die Erwartungen mit Leichtigkeit. Der Grund für das gute Abschneiden der Unternehmen in der laufenden Berichtssaison liegt vor allem darin, dass im Vorfeld die Erwartungskomponente wegen diverser, vor allem politischer Störfaktoren, rückläufig war. Die Skepsis und der Pessimismus in den vergangenen Wochen oder besser gesagt Monaten ist nach wie vor ein guter Nährboden für steigende Kurse. Vor diesem Hintergrund sollte man den Mai dieses Jahr tatsächlich nach dem Vorbild der Natur dafür nutzen, die Saat für eine reiche Ernte auszubringen. Sprich Aktien zu kaufen, um gegebenenfalls im späteren Jahresverlauf die Gewinne zu realisieren.“
TURNAROUND-BRIEF
(Von Chefanalyst Marcus Neugebauer)
Vom 03. Mai 2017
Sell in May and go away oder Fortsetzung der Frühjahrsrally?
„Wie in jedem Jahr stellt sich im Mai folgende Frage für Anleger: An die alte Börsenweisheit ,Sell in May and go away‘ halten oder aber auf eine Fortsetzung der Frühjahrsrally setzen? Auch wenn der Mai statistisch gesehen tatsächlich nach dem September der zweitschlechteste Monat ist, soll dies nicht heißen, dass es auch in diesem Jahr so sein muss. Statistische Ausreißer hatten wir zuletzt jede Menge und selbst steigende Zinsen können Anleger nicht vertreiben. Die Erklärung, woran das liegen könnte, ist schnell gefunden: Es herrscht nach wie vor ein extremer Liquiditätsüberhang! Soll heißen, dass die Marktteilnehmer weiterhin nach geeigneten Anlagealternativen suchen. Angesichts der bereits von einigen Banken und Sparkassen eingeführten negativen Zinsen ist dies kein Wunder. Ich erwarte deshalb in den kommenden Monaten weiterhin stabile Renditen am Aktienmarkt, zumal die Dividendensaison jetzt erst so richtig anläuft. Auch viele unserer Dividendenperlen machen in den kommenden Wochen ihre Schatullen weit auf. So schütten in Kürze Hamborner REIT, Capital Stage, WCM, Publity oder auch Hornbach kräftig aus. Und dabei handelt es sich keinesfalls um Eintagsfliegen, sondern um Unternehmen mit einer klar langfristig ausgerichteten Dividendenstrategie.“
Mit diesen Ausführungen zur Börsenweisheit „Sell in May…“ sollten Sie über den diesjährigen Stand der Dinge ausreichend informiert sein. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.
Herzliche Grüße
Ihre
Martina Bisdorf
(Chefredakteurin BÖRSEN-SPIEGELdaily)
PS: Die laufende Berichtssaison hat wieder etliche neue Überraschungen mit sich gebracht. Erfahren Sie morgen hier an dieser Stelle mehr zu den jüngsten Bilanzkennzahlen schwergewichtiger Unternehmen.
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