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Ausgabe vom 11. August 2016
Pressespiegel:
Olympische Spiele am Zuckerhut - Wo bleibt die Begeisterung?
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Pressespiegel:
Olympische Spiele am Zuckerhut -
Wo bleibt die Begeisterung?
von Martina Bisdorf
Redaktion BÖRSEN-SPIEGEL Like Follow
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Olympia – auch wenn es dieses Mal rundherum wenig Begeisterung auslöst, müssen wir uns dessen nun doch einmal, nicht nur aus börsentechnischer Sicht, annehmen. Obwohl ich mir ehrlich gesagt ein wenig schwer damit tue. Nicht nur, dass ich zugegebenermaßen nicht die begeisterte Sportzuschauerin bin, wie viele meiner Kollegen. Aber selbst diese verlieren so langsam die Freude an den Spielen.
Leere Stadien, weil kaum ein Brasilianer sich ein Ticket leisten kann, Doping-Skandale im Vorfeld, Verdachtsfälle während der Spiele, die augenscheinlich unter den Teppich gekehrt werden, und das alles in einem gespaltenen Land, das wirtschaftlich wie politisch am Abgrund steht. Da kann einem schon mal die Lust vergehen. Ganz abgesehen vom Medaillenspiegel...
Lieber Sport treiben als „dopingfreie“ Spiele anschauen
Ich persönlich halte es ja sowieso lieber mit Sport treiben als mit Sport schauen, wobei ich mich da ganz aufs Laufen verlegt habe. Joggen, Walken, Wandern, das ist mein perfekter Ausgleich zum Berufsleben. Da will ich es mir dann abends nicht antun zu sehen, wie Menschen systematisch zum Doping gezwungen werden, um entsprechende Ergebnisse zu liefern und wie in einem wunderbaren mit Bodenschätzen gesegneten Land Korruption und Misswirtschaft alles zunichte machen. Wenigstens dafür scheint Olympia gut, dass die chaotischen Zustände in Brasilien einmal in den Fokus geraten.
Ähnlich geht es meinem ebenfalls sportbegeisterten Kollegen Cliff Michel, der in seinem folgenden Beitrag wunderbar das ausdrückt, was derzeit so viele über die Olympischen Spiele in Rio denken. Ein Jammer, was „dank“ der Kommerzialisierung aus dem Sport geworden ist. Vorneweg der Fußball, von dem ich so viel verstehe, dass es ab einer gewissen Liga offensichtlich nur noch ums Geld geht. Wo bleibt da der Olympische Gedanke?
Wo bleibt der Olympische Gedanke?
Lesen Sie heute, wie die Experten dreier renommierter Börsendienste Olympia, Brasilien und den Sport als Wirtschaftsfaktor einschätzen. Freuen Sie sich dabei zuerst auf Cliff Michels Kommentar, in dem er vielen von uns aus dem Herzen spricht. Anschließend ordnen die Redakteure von Platow Emerging Markets, dem Spezialmagazin für Schwellenländer aus dem Hause Platow, und Fuchs-Briefe die sportlichen Ereignisse wirtschaftlich für Sie ein.
Seien Sie gespannt und machen Sie sich ganz sportlich und wie immer Ihr eigenes Bild.
Das meinen die Experten:
Der TENBAGGER
(von Chefredakteur Cliff Michel)
Vom 09. August 2016
Meine Begeisterung für Rio hält sich sehr in Grenzen
„Ich kann mich noch gut daran erinnern, mit welcher Vorfreude ich als Kind und auch noch als Jugendlicher Olympischen Spielen entgegengefiebert habe. Ob Leichtathletik, Fechten, Rudern oder Schwimmen – ich war immer fasziniert von den Duellen um Gold, Silber und Bronze. Wer erinnert sich nicht noch gern an ,Albatros‘ Michael Groß, der uns mit seinen Freisti lund Schmetterling-Weltrekorden begeistert hat – oder Eberhard Ginger, der selbst mir das Geräte-Turnen so einigermaßen schmackhaft machte. Nicht zu vergessen natürlich die regelmäßigen Siege des ,Deutschland- Achters‘ beim Rudern. Olympia – das waren Festwochen, in denen ich Tag für Tag und oft auch nachts viele Stunden nicht nur mit den deutschen Olympioniken mitfieberte. Heute ist von dieser Begeisterung leider kaum mehr etwas übrig geblieben. Obwohl angeblich alles dafür getan wird, dass die Spiele ,sauber‘ sind, weiß man innerlich doch, dass wohl kaum ein Sieger in Rio ohne Doping zum Ziel gekommen ist und kommen wird. Es mag Ausnahmen geben, die Disziplinen betreffen, bei denen es nicht auf Kraft und Ausdauer ankommt, doch diese sind wohl leider eher selten. Und so traurig das auch ist: Es wird nicht besser werden, da die Forschung und Entwicklung immer weiter geht. Das betrifft nicht nur die Ausrüstung der Athleten, sondern auch die Ernährung bzw. medizinische Versorgung. Wenn man sich die Entwicklung so anschaut, sind wir vom Design-Athleten nicht mehr weit entfernt.“
Platow Emerging Markets
Vom 03. August 2016
Brasilien – Olympia allein wird die Wende nicht bringen
„Brasilien ist ein reiches Land, mit Bodenschätzen, vor allem Öl, und einem günstigen Klima, in dem die Landwirtschaft prosperieren könnte, gesegnet. Vor allem aber hat es eine junge Bevölkerung, die zudem stetig wächst. Wo viel Reichtum anzutreffen ist und der Staat seit Jahrzehnten an seine Bürger üppige Renten und andere Sozialleistungen verteilen kann, wachsen die Begehrlichkeiten. Die Wettbewerbsfähigkeit leidet und Korruption steht an der Tagesordnung, in die auch große Teile der Eliten aus Wirtschaft und Politik jedweder Couleur verwickelt sind. Brasilien hätte auch unter der Links-Regierung von Dilma Rousseff noch eine ganze Weile so weiter wursteln können, wäre da nicht der weltweite Einbruch der Rohstoffpreise, allen voran des Öls. Die daraus resultierenden wirtschaftlichen Effekte fegten Rousseff bereits Mitte Mai aus dem Amt. Wenn die Amtsenthebung von Rousseff, wofür vieles spricht, Ende August endgültig ist, wird Temer Brasilien beim G20-Gipfel in China am 4./5. September vertreten. Seine Hauptaufgabe wird es sein, Brasilien mit harter Hand aus der Rezession zu führen. Dazu bedarf es tiefer Einschnitte bei den Sozialtransfers, was große Teile der Bevölkerung auf die Barrikaden bringen dürfte. Temer muss aber auch die Ineffizienzen und die Korruption im Staatsapparat bekämpfen. Dafür wird er nicht geliebt werden. Deshalb tritt er, aus heutiger Sicht, zu den Neuwahlen 2018 auch gar nicht erst an. Brasiliens Malaise zeigt, dass Olympia allein das Land nicht retten kann. Die Strukturkrise sitzt tief, so dass sportliche Großereignisse wie die Fußball-WM 2014 und Olympia dieses Jahr ein Tropfen auf den heißen Stein sind.“
Fuchs-Briefe
Vom 05. August 2016
Olympia bringt Brasiliens Wirtschaft aus der Talsohle
„Parallel zur Eröffnung der Olympischen Spiele kommt Brasiliens Wirtschaft wieder auf die Beine. Sichtbarstes Zeichen dafür ist die Rückkehr internationaler Investoren. Die brasilianische Notenbank rechnet für 2016 mit Direktinvestitionen von 70 Mrd. Dollar. Das würde der Investitionssumme vor der Krise 2012 entsprechen. Auch die inländischen Investoren haben aber wieder Mut geschöpft. Sie besorgten sich allein seit Mai gut 15 Mrd. Dollar an Auslandskrediten. Diese wurden vor allem eingesetzt, um Produktionsanlagen zu modernisieren. Damit ist in der Regel auch eine deutliche Produktivitätssteigerung verbunden. Stark investiert wird in der Automobilindustrie, der Chemie und der Pharmazie. Hier sind insbesondere deutsche Unternehmen wie VW oder Bayer stark involviert. Deutsche Maschinenbauer dagegen warten noch auf den nächsten großen Auftragsschub vom Zuckerhut. Eine dynamische Belebung zeigt auch der brasilianische Unternehmensmarkt. Die M&A-Nachfrage durch ausländische Adressen hat spürbar zugelegt. Gesucht werden in erster Linie exportorientierte Industriebetriebe in Brasilien. Die sind angesichts ihrer in den vergangenen Jahren geschrumpften Umsätze und Gewinne oft relativ preiswert zu haben. Die politische Krise um die Präsidentenfrage ist zwar noch nicht ausgestanden. Aber die Wirtschaft klettert langsam aber sicher aus der Talsohle.“
Vielleicht kehrt der Sport eines Tages wieder zu seinen Wurzeln zurück…
Wie Sie sehen, schätzen die Experten die diesjährigen Olympischen Spiele wie auch die brasilianische Wirtschaft recht unterschiedlich ein. Ich bin mir sicher, Sie haben sich aus der Vielfalt der Informationen Ihre eigene Meinung gebildet, vielleicht verbunden mit der vagen Hoffnung, dass der Sport eines Tages wieder zu dem wird, was er einmal war: gesundheitsfördernd, mit Freude verbunden und durch Fairness ausgezeichnet. Das jedenfalls wäre mein persönlicher Wunsch.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen schönen Tag.
Herzliche Grüße
Ihre
Martina Bisdorf
PS: Gar nicht sportlich nehme ich diese Meldung, die heute Morgen im Handelsblatt zu lesen war: „Die Front bröckelt: In Bayern müssen Privatkunden einer Raiffeisenbank ab September Geld für ihr Geld auf dem Girokonto zahlen – ab einer bestimmten Höhe. Die Maßnahme zeigt bereits Wirkung.“ Wir werden Sie über die unselige Entwicklung der Negativzinsen auf dem Laufenden halten.
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