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Ausgabe vom 06. Juli 2016
Brex(it) and the City –
Wie geht es weiter in Europas größtem Finanzzentrum?
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Brex(it) and the City –
Wie geht es weiter in Europas größtem Finanzzentrum?
von Martina Bisdorf
Redaktion BÖRSEN-SPIEGEL Like Follow
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
zunächst einmal vielen Dank für die zahlreichen positiven Zuschriften, die ich auf meinen gestrigen Newsletter zum Thema „Verantwortungsbewusstsein“ bekommen habe. Ich habe mich ganz persönlich darüber gefreut, dass dieses Thema so vielen Menschen am Herzen liegt. Das bekräftigt mich in der Aussage, dass jeder einzelne, der bereit ist, Verantwortung für sein Tun und Handeln zu übernehmen, ein unermesslich wichtiger Teil unserer Gesellschaft ist. Egal ob an einer Werkbank, beim Windeln wechseln des Nachwuchses oder irgendwo im Top-Management.
Aber auch die Unsicherheit brennt unseren Lesern offensichtlich unter den Nägeln. Natürlich haben auch wir keine Antwort darauf, wie es nach dem Leave-Votum der Briten und angesichts der sich abzeichnenden Bankenkrise in Italien – wofür letztlich auch wir wieder über die EZB gerade stehen werden… - weitergeht. Dass der DAX auch heute wieder ins Minus gedreht hat, wissen Sie.
Große Unsicherheit macht sich (nicht nur) in London's City breit
Da aber alles – wie schlimm es auch immer kommt – auch seine guten Seiten hat, weise ich an dieser Stelle noch einmal darauf hin, dass solche Zeiten auch echte „Schnäppchenjägerzeiten“ sind. Meine Empfehlung an Sie: Lesen Sie, was unser Turnaround-Experte Marcus Neugebauer zur aktuellen Marktlage zu sagen hat, und welche Werte er in seinem TURNAROUNG-BRIEF als die günstigsten Aufsteiger sieht, die es jetzt einzusammeln gilt.
Zurück zum Brexit. Auch diese Woche lässt sich das leidige Thema nicht meiden. Es führt uns direkt ins Herz des Finanzwesesns: In die Londoner City. Dennn nirgendwo sind die Folgen des Austritts-Votums greifbarer als dort. Wo der Puls des Brokerwesens ohne Unterlass schlägt, machen sich Unsicherheit und Nervosität weiter breit, die Stimmung ist gedrückt.
An den Märkten herrscht zwar keine Panik, anders als bei der Lehman-Krise 2008. An Risiken und heftige Schwankungen haben sich die Banker inzwischen gewöhnt. Deren Ursachen aber blieben abstrakt: Ölpreis, Griechenland, China. Weit weg, Zahlenreihen auf dem Terminal. Jetzt aber stehen die Banker selbst im Auge des Hurrikan. Wegen sinkender Erträge haben Banken bereits Tausende Stellen abgebaut. Nervosität und Ungewissheit belasten die Gewinne weiter. Das Referendum hat alles andere als entlastet. Zukunftsängste machen sich unter den Bankern breit.
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BNP Paribas präsentierte: „Rendezvous mit Harry“
Drei Jahre „Rendezvous mit Harry“ - drei Jahre jeden Montag Trader Harald Weygand bei der Chartanalyse, moderiert seit drei Jahren von Volker Meinel. Zu der Jubiläumssendung von Montag gesellte sich special guest André Tiedje. Und so wurde eine Stunde kompakt über DAX, Dow Jones, Einzelaktien und Rohstoffe gesprochen. Tiedje, Experte der Elliott Wave-Theorie, setzte immer wieder seine „Wellen" an. Sowohl für Tiedje als auch für Harry steht fest: Der US-Markt steht derzeit weitaus besser da als der deutsche Aktienmarkt. In die Einzel-Analyse kamen die Aktien von E.ON, RWE und Thyssen.
Am Ende der Sendung, die mit zahlreichen Fragen gefüllt war und daher leicht Überlänge bekam, ging es um Gold. Das Edelmetall legte zuletzt kräftig zu und ist für Harry derzeit weiterhin der spannendste Basiswert. Nach der Jubiläumssendung geht es natürlich weiter. Die nächste Sendung „Rendezvous mit Harry“ findet am kommenden Montag, 11. Juli 2016, gewohnt um 19 Uhr, statt. Gehen Sie mit uns ins vierte Jahr von „Rendezvous mit Harry“.
„My home is my castle“ war gestern - Bankerleben mit Zukunftssorgen ist heute
Es werfen sich Fragen für Banker, Broker und deren Familien auf: Wer darf bleiben, wer muss gehen? Und wer bleiben darf, muss womöglich umziehen. Das über Jahrzehnte gewachsene Ökosystem aus Banken, Vermögensverwaltern, Kanzleien und Beratern steht zur Disposition. Schließlich sind 700.000 Menschen in London in der Finanzindustrie beschäftigt, hinzu kommen zahlreiche Restaurants, Geschäfte und Schulen, die vom Geld der Banker leben.
Die große Verunsicherung in Sachen Lebensplanung drückt ein Londoner Goldman Sachs-Banker so aus: „Wir fühlen uns geradeso, als ob uns jemand die Luft abgeschnürt hätte." JP-Morgan-Chef Jamie Dimon hatte vor der Abstimmung angekündigt, bis zu 4.000 von derzeit 16.000 Jobs zu verlagern. Die US-Investmentbank Goldman Sachs soll Medienberichten zufolge sogar prüfen, 4.000 von 6.000 Stellen in London abzuziehen.
„One man’s meat is another man’s poison“ – Von der Themse an den Main?
Gewinner wird es wohl immer geben. Schon werben andere europäische Finanzplätze um Abwanderungswillige. Lokalpolitiker in Paris, Dublin, Luxemburg und Frankfurt stellen ihre Attraktivität heraus. Angeblich sollen bis zu 10.000 Investmentbanker von der Themse an den Main übersiedeln. Dort überlegen die Stadtregenten bereits, was das für den ohnehin angespannten Immobilienmarkt bedeuten würde. Doch so schnell setzt sich der Treck nicht in Bewegung. „Im ersten Jahr wird nicht viel passieren", sagt der Personalberater Andreas Halin. „Sicher ist nur, dass die Banken in London keine Kapazitäten mehr aufbauen."
Für die City geht es jetzt hautpsächlich um Schadensbegrenzung. Vor der Abstimmung hatten einige Brexit-Befürworter spekuliert, dass sich London mit betont laxer Regulierung wie etwa unbeschränkten Boni zu einer Art europäischer Finanzoase entwickeln könnte. Wie viele andere Ideen gilt auch diese unter Experten als unrealistisch. „Das wird die EU niemals akzeptieren", so die weitverbreitete Meinung der Banker. Stattdessen steht der Branche zwangsläufig ein zähes Ringen um Details bevor. „Das könnte sich zu einem endlosen griechischen Drama entwickeln, das sich mehrere Jahre hinzieht", meint etwa ein Goldman Sachs-Sprecher.
Fusion auf der Kippe oder nur unter anderen Vorzeichen?
Felix Hufeld, Chef der Finanzaufsicht BaFin beruhigt. Eine Finanzkrise bleibt nach seinen Aussagen gegenüber der WirtschaftsWoche aus. Doch lässt es aufhorchen, dass er vergangene Woche gefordert hat, die Deutsche Börse solle ihren Sitz in Deutschland behalten. Und tatsächlich steht die Fusion der Frankfurter mit der Londoner Börse auf der Kippe, Landespolitiker und Banker halten das Projekt für tot.
Ganz so leicht gibt Dt.-Börse-Chef Carsten Kengeter allerdings seine Pläne nicht auf. Er hält daran fest, dass die „Logik einer transnationalen Kapitalbrücke" zwischen den Finanzplätzen weiter bestehe. Das äußerte er zumindest vergangene Woche in der WirtschaftsWoche. Das mit Vertretern beider Aufsichtsräte besetzte Brexit-Komitee hat sich noch nicht getroffen, doch Insider erklären bereits, dass fast alle Punkte der Übernahme neu verhandelt werden könnten. Das gilt auch für den umstrittenen Sitz der gemeinsamen Gesellschaft in London. In Frankfurt keimt also an dieser Front Hoffnung auf. Schauen wir mal… Wir werden Sie über die Banker-Szene auf dem Laufenden halten.
Ich grüße Sie herzlich und ganz und gar not amused zur Wochenmitte,
Ihre
Martina Bisdorf
PS: Ich will unbedingt betonen, dass mein Kollege Marcus Neugebauer die aktuelle Marktlage keinesfalls schön redet. Auch er beurteilt die derzeitige Situation an den Finanzmärkten als sehr ernst. Dennoch sieht er clevere Chancen. Seine realistische Einschätzung des Finanzumfelds und seine Empfehlungen in der heutigen Ausgabe sollten Sie sich keinesfalls entgehen lassen. Deshalb aus aktuellem Anlass: Jetzt TURNAROUND-BRIEF für 99,- Euro (anstatt 249,20 Euro) ein Vierteljahr lang testen.
Zitat der Woche
„Wir fordern nicht, dass die Fusion beendet wird, aber der Hauptsitz muss nach Frankfurt.“
Jutta Stuhlfrauth, Betriebsratsvorsitzende der Deutschen Börse zum Thema Börsen-Fusion
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