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Ausgabe vom 22. Juni 2016
- Der smarte Buchtipp für den Anleger:
„Gespräche über Gott, Geist und Geld“
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Der smarte Buchtipp für den Anleger: „Gespräche über Gott, Geist und Geld“
von Cindy Ullmann
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
„Gott,
Geist und Geld“ – zwei der drei Begriffe, nämlich Gott und Geist würde
sicher jeder von uns ohne Zögern in einen Kontext stellen. Aber Gott und
Geist mit Geld in Zusammenhang zu bringen, wäre offen gestanden nicht
mein erster Gedanke. Natürlich ist die Katholische Kirche eine der wohl
reichsten Institutionen der Welt. Das war bisher nie offiziell bekannt,
aber geahnt wurde das schon lange. Nun aber hat man sich erstmals seit
2016 Jahren in die Kasse schauen lassen. Zumindest die Diözese München
ist die erste, die dieser Tage der Öffentlichkeit ihre Bilanz
präsentiert hat. Sie haben es sicher auch in den Zeitungen gelesen.
Nach 2016 Jahren ist es offiziell: Die katholische Kirche ist Multimilliardär
Das
Bistum München ist mit seinen 1,7 Mio. Katholiken eines der größten in
Deutschland und verfügt demnach über ein Gesamtvermögen von grob 6 Mrd.
Euro. Und diese Zahl berücksichtigt nicht einmal das Vermögen der knapp
750 Pfarreien und Pfarrstiftungen sowie der Klöster. Auch der Münchner
Dom, ein Wahrzeichen der bayerischen Landeshauptstadt, ist nicht
enthalten.
Wir
haben allein in Deutschland 27 Bistümer. Sie können also in etwa
erahnen, über welchen Reichtum diese Kirche insgesamt verfügt.
Angesichts der Höhe der vorgestellten Summen drängt sich mir förmlich
das Wort aus der Bibel auf: „Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder
er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird dem einen
anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem
Mammon." Aber ist das wirklich so? Ist Geld tatsächlich nur ein schnöder
Mammon, der die Menschen falsch und manipulierbar macht? Kann man
vermögend sein und trotzdem demütig? Diese Fragen wurden in der
Vergangenheit nicht nur einmal diskutiert.
Ist Geld tatsächlich nur ein schnöder Mammon? Kann man vermögend sein und trotzdem demütig?
2012
und 2013 taten das zwei der bekanntesten deutschen Intellektuellen,
Peter Sloterdijk und Thomas Macho, unter Moderation von Manfred Osten im
Rahmen der Veranstaltungen zu den Themen „Die Sache mit Gott – die
Renaissance des Religiösen“ und „Geld und Geist“. Und genau diese
Gespräche hat der Herder Verlag nun zu einem Buch zusammengefasst.
„Gespräche über „Gott, Geist und Geld“, heißt es und verspricht uns neue
Perspektiven abseits der vorgedachten Pfade, die wir mit diesen
Begriffen in Verbindung bringen. Und solche Perspektivwechsel sind
manchmal heilsam, wenn die eingefahrenen Sichtweisen den Blick auf das
Wesentliche versperren. Und so habe ich mich ganz unvoreingenommen
eingelassen und eingelesen. Das Ergebnis: Wenn zwei Philosophen zu Wort
kommen, dann wird es sehr philosophisch. Wer es mag, sich tiefer in
einen Sachverhalt hineinzudenken, als gewohnt, der wird in diesem Buch
eine großartige Inspiration finden.
„Nur Charakter schafft Vertrauen“ – Ist das ökonomisch naiv oder einfach nur richtig?
Vor
allem Thomas Macho hat mich mit einigen seiner Aussagen wirklich
inspiriert. Hier ein kurzes Beispiel zum Thema Akkumulation von
Staatsschulden. Macho sagt: „Das Verhältnis von Geld, Geist und
Staat wird zunehmend beherrscht vom Wechselspiel zwischen Schulden und
Schuld. Sollen Schulden moralisiert werden? Dem Deutschen wurde häufig
nachgesagt, dass es im Unterschied zu anderen europäischen Sprachen,
zwischen Schuld und Schulden nur unscharf differenziert. (…) Die
deutschen Begriffe klingen sehr ähnlich, und daher rutschen einem die
Schulden rasch hinüber in die Schuld, womit sich zumindest ganz gut
Wahlkampf betreiben lässt. Aber anders gefragt, was sind Schulden? (…)
Wer also Schulden aufnimmt, muss eine soziale Bindung begründen. Diese
Bindung basiert auf Vertrauen, und es ist wirklich erstaunlich und
verblüffend, wie viel die Ökonomie mit Vertrauen zu tun hat.“
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Gespräche über Gott, Geist und Geld
(Kartonierte Ausgabe)
von Peter Sloterdijk (Autor), Thomas Macho (Autor), Manfred Osten (Autor)
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-451-06872-0
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In
diesem Zusammenhang berichtet Macho auch eine Anekdote von J.P. Morgan,
der Gründer der US-Bank wurde einmal als Berater im Senat gefragt, was
man eigentlich tun muss, um Vertrauen in Bankgeschäften zu schaffen.
Macho mutmaßt, dass die Richter als Antwort wohl Begriffe wie
Eigenkapital oder andere Sicherheiten erwarteten. Doch Banker Morgan
soll gesagt haben: „Charakter“. Auch im Bankgeschäft ruht Vertrauen auf
moralischen Grundsätzen. Macho hält das für ökonomisch naiv. Schaue ich
mir aber einen Mario Draghi als Hüter unserer Finanzmärkte und des Euro
an, dann kann ich nur enttäuscht feststellen, dass Charakter genau das
ist, was der Finanzpolitik Europas heute mehr fehlt denn je. Und dann
landen wir mal eben schnell in einer Situation wie der jetzigen, dass
ein Volk das Vertrauen verliert und sein Land mittels Volksentscheid aus
der EU herauslösen will.
Auf
den 110 Seiten dieses Buches werden unzählige Themen beleuchtet und
philosophisch auf den Kopf gestellt: So bringen sie brandaktuelle Themen
wie Islam-Fanatismus in einen völlig neuen Kontext – weg vom Religiösen
hin zum Politischen. Und sie lenken so die mögliche Ursache für
wachsenden Terrorismus in der Welt in eine völlig neue Bahn. Wer sich
also in allen wichtigen Themen unserer heutigen Gesellschaft einmal frei
machen will von eingefahrenen Sichtweisen und Denkmustern, dem sei
dieses Buch absolut ans Herz gelegt.
Ihnen allen einen guten Börsentag.
Ihre
Cindy Ullmann
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