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Ausgabe vom 12. April 2016
Der Konsumansporn treibt seine Blüten –
Von Minuszins bis Helikoptergeld
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Der Konsumansporn treibt seine Blüten – Von Minuszins bis Helikoptergeld
von Martina Bisdorf
Redaktion BÖRSEN-SPIEGEL Like Follow
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
in der Handelswoche bin ich gestern auf eine Headline gestoßen, die mich zu näherem Hinsehen veranlasst hat: „Neues Phänomen oder Marketing-Gag?“ titelte das Wirtschaftsmagazin in seiner Online-Ausgabe. Um was geht es da? Um nichts Geringeres als das Ankommen des Negativzinses beim Verbraucher – angeblich.
Da wirbt doch tatsächlich der Möbelhändler „Who's perfect“ mit einer Minus-1%-Finanzierung. Das ist ja ein Ding, dachte ich mir im ersten Moment, genau wie wohl so mancher Düsseldorfer beim Bummel durch die Immermannstraße, wo das Möbelhaus angesiedelt ist. Aber, was steckt dahinter?
Ist der Negativzins beim Verbraucher angekommen?
Bei genauerer Recherche sehe ich, dass die Aktion auch im Internet angepriesen wird. Wer eine neue Einrichtung auf Pump kauft, muss dafür keine Zinsen zahlen, sondern bekommt sogar noch Geld geschenkt! Der Zinssatz soll im gesamten Monat als Hingucker dienen, nicht etwa als Aprilscherz. Wird der Traum aller Konsumenten also wahr, noch etwas dazu zu bekommen, wenn man etwas kauft?
Denn während die Banken aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) derzeit die Sparzinsen auf ein Minimum schrumpfen und sogar über Strafzinsen nachdenken, sind die Kreditzinsen bislang kaum gesunken. Und das, obwohl die Banken selbst derzeit für bis zu minus 0,4% Geld bei der EZB aufnehmen können, wenn sie es dann als Darlehen ausgeben.
Die Minuszinsen an die Kreditnehmer weiterzureichen widerspricht zumindest der Tradition. Der Bankenfachverband, ein Zusammenschluss deutscher Verbraucher-Finanzierer, schreibt auf seiner Homepage zu einem „Kodex Verantwortungsvolle Kreditvergabe“: „Das geliehene Geld muss der Kunde in der Regel in festgelegten Fristen und mit Zinsen an die Bank zurückzahlen.“ In der Vergangenheit hatten einzelne Fälle von Krediten mit negativem Zins Schlagzeilen gemacht, etwa in Dänemark.
Immer schön genau hinsehen!
Laut Mitteilungen des Handelsblatts stammt der vermittelte Verbraucherkredit des Möbelhauses von der Santander Consumer Bank, einem der größten Konsumentenfinanzierer in Deutschland. Und beim Blick in die Angebotsdetails zeigt sich: Es handelt sich in Wahrheit um eine 0%-Finanzierung mit 24 Monaten Laufzeit. Der augenfällige Minuszins von „Who’s perfect“ wird vom Unternehmen als 1%-ige Erstattung des Kaufpreises nach Auslieferung der Ware ausgezahlt.
Das heißt im Klartext: Das Minus vor dem Zins ist in Wahrheit eine Prämie in Höhe von 1% des Kaufpreises, die durch den Händler gewährt wird – und nicht durch die Bank. Doch wer kann schon Kunden damit locken, dass ein Produkt 1% billiger ist? Der Negativzins erregt schlichtweg mehr Aufmerksamkeit. Das nennt man dann wohl gute Werbung – oder eben Gag.
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BNP Paribas präsentierte: „Rendezvous mit Harry“ am 11.04.2016
Der DAX bleibt weiter wackelig. Dafür tut sich etwas auf der Seite der Edelmetalle. Daher legte Trader Harald Weygand in der Sendung Rendezvous mit Harry vom 11. April einen Schwerpunkt auf Gold und Silber. „Sie brechen dynamisch aus", so der Chart-Profi. Für jene Trader, die in Gold investieren möchten, konnte Grégoire Toublanc von BNP Paribas einen passenden Scheine auf www.bnp.de zeigen.
Abseits von DAX und Edelmetallen ist „Stockpicking" angesagt. Dabei fällt die Aktie von Lufthansa als im Gesamtbild „bullisch" auf. Aus den USA wieder einmal Mc Donald's und ganz kurzfristig Tesla. Optimistisch auch der Blick auf Amazon. Noch ein Wort zum Euro: Hier bleibt die Tendenz weiter in Richtung 1,20 Dollar. Moderator der Sendung war wie gewohnt Volker Meinel. Er wird auch die nächste Sendung am kommenden Montag, 18. April 2016, gewohnt um 19 Uhr, moderieren. Dann mit dabei als special guest: Gregor Bauer, Vorstand des Verbandes Technischer Analysten. Einschalten lohnt mal wieder.
Jetzt sollen wir auch noch Geld geschenkt bekommen – Die Helikopter-Idee
In Verbindung mit dem Stichwort Helikopter-Geld, treibt der Konsumansporn aber noch weitere Blüten: So fordern laut der WirtschaftsWoche Ökonomen, die EZB solle Geld direkt an die Bürger verteilen, um die Inflation anzukurbeln. Volkswirte allerdings behaupten, das sei der Anfang vom Ende des Euro. Von der Zielmarke von 2%, die sich die EZB für die Teuerung in der Euro-Zone gesetzt hat, ist die Inflation derzeit weit entfernt. Im März sanken die Verbraucherpreise um 0,1%. Soll die Inflation aber steigen, müssen die Banken mehr Kredite vergeben und auf diese Weise Geld in Umlauf bringen.
Ein Vorschlag, der jüngst immer wieder von sich reden machte, stammt von Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman aus dem Jahr 1969: Er empfahl der Zentralbank, im Notfall Geld via Helikopter auf die Bürger niederregnen zu lassen, um deren Konsum anzukurbeln. Im übertragenen Sinne heißt das, die EZB müsste jedem Bürger auf möglichst direktem Wege einen gleich hohen Geldbetrag schenken.
Schecks von der Regierung?
EZB-Chef Mario Draghi bezeichnete die Idee vom Helikoptergeld neulich tatsächlich als „ein sehr interessantes Konzept". Beobachter halten es daher durchaus für denkbar, dass die EZB schon bei der nächsten Krise zu diesem Mittel greifen könnte. Wie aber sollte das in die Realität umgesetzt werden? Schließlich haben die Bürger keine Konten bei der EZB. Demzufolge müssten die Notenbanker das Geld mithilfe der Banken oder Regierungen verteilen. Beauftragt die EZB die Banken, stößt sie damit jedoch auf das Problem, dass viele Bürger mehrere Konten bei unterschiedlichen Kreditinstituten haben, während einige überhaupt kein eigenes Konto besitzen.
Einfacher wäre es daher, den Staat einzuschalten. Die Regierung könnte beispielsweise durch den Abgleich mit den Einwohnermeldeämtern das Helikoptergeld gleichmäßig an alle Bürger verteilen. Die nationalen Zentralbanken schrieben den Regierungen die Beträge zunächst auf deren Notenbankkonten gut. Dann würden die Regierungen es zum Beispiel via Verrechnungsschecks an die Bürger weiterleiten. Für das Geldsystem wäre das eine gewaltige Zäsur. Denn, anders als bisher käme das Geld nicht durch ein Kreditverhältnis zwischen Zentralbank und Geschäftbank oder Staat, sondern als Geschenk der Notenbank an den Mann/die Frau.
Würde Helikoptergeld seinen Zweck erfüllen?
Wächst allerdings die Geldmenge stärker als das Produktionspotenzial und geben die Bürger das Geld aus, so steigen die Preise. Die realen Schulden sinken. Daher nutzt das Helikoptergeld zu allererst den Schuldnern, allen voran den Regierungen. Dagegen treibt es die Notenbanken in die Überschuldung. Denn das Helikoptergeld landet auf den Einlagenkonten der Staaten, die auf der Passivseite der Notenbankbilanzen stehen.
Ökonomen befürchten überdies, dass die Menschen durch solche Maßnahmen das Vertrauen in den Euro verlieren könnten - vor allem dann, wenn die EZB zu viel Helikoptergeld abwerfen würde. Die Bürger dürften die Geldgeschenke zunächst sparen, so wie es die US-Bürger mit den von der Regierung im Jahr 2008 verteilten Steuerschecks taten. Das wiederum könnte die EZB veranlassen, noch mehr Helikoptergeld in Umlauf zu bringen. Zudem würde der politische Druck auf die Währungshüter zunehmen, den Geldhubschrauber immer häufiger kreisen zu lassen. Unschwer auszudenken, dass damit schnell alles aus den Fugen geraten und die Inflation drastisch in die Höhe springen könnte.
Was lernen wir daraus? Ganz einfach, dass jedes Ding – wie immer – seine zwei Seiten hat. Konsumankurbelung ist gut, über die Maßnahmen sollten die Verantwortlichen jedoch vorher sehr gründlich nachdenken.
Herzliche Grüße
Ihre
Martina Bisdorf
PS: Der DAX will weiterhin nicht so richtig in die Gänge kommen. Auch von der positiven Ifo-Konjunktureinschätzung für die Euro-Zone konnte er heute kaum profitieren und notiert bislang nur leicht ins Plus. Gebremst wird der deutsche Leitindex auch vom schwachen Start der US-Berichtssaison, den der Aluminiumhersteller Alcoa vor allem aufgrund fallender Metallpreise und Sonderkosten für Werksschließungen mit einem deutlichen Gewinneinbruch verpatzt hat.
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