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Ausgabe vom 06. April 2016
Von E wie Erstkommunion bis P wie Panama
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Von E wie Erstkommunion bis P wie Panama
von Martina Bisdorf
Redaktion BÖRSEN-SPIEGEL Like Follow
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
am Sonntag war ich seit vielen Jahren einmal wieder zu einer Erstkommunion-Feier, oder wie man bei uns so schön sagt, einem Weißen Sonntag eingeladen. Die Zwillinge meines Bruders feierten ihr erstes großes Fest und es war schön, den Tag im Kreis der Familie zu verbringen. Und natürlich, als die Aufregung der beiden Erstkommunikanten nachgelassen hatte, durften sie dann am Abend ihre Kärtchen öffnen und die Geldgeschenke zählen.
Nun, da ist einiges zusammengekommen. Auch der Sohn meines Kollegen, der dieses Fest am Sonntag ebenfalls feiern durfte, berichtete mir am Montagmorgen ganz stolz, wie viel Geld er geschenkt bekommen hat. Auf die Frage, was die Kinder denn nun mit ihren „Einkünften“ vorhätten, habe ich sehr unterschiedliche Antworten bekommen, vom Fahrrad über den MP3-Player bis hin zur Kapitalanlage, „damit es sich vermehrt!“
Achtsamkeit bei der Kapitalanlage – Gerade bei den Kleinsten
Das sind doch sehr sinnvolle Ansätze, dachte ich mir, vom Konsum bis zur Kapitalanlage. Und genau hier stellt sich für viele Eltern besonders dieses Jahr die Frage: Was soll ich meinem Kind raten? Das gute alte Sparbuch, das zu unseren Kinderzeiten noch der absolute Renner für „vernünftige“ Kinder war, kann man ja beim besten Willen nicht mehr empfehlen. Also, was tun?
Da dies schließlich, ganz besonders im Hinblick auf die Kinder, für die man ja immer das Beste will, jeder selbst entscheiden muss, will ich hier keine klugen Ratschläge geben. Was ich meinen Neffen bzw. meinem Bruder geraten habe, das will ich hier gar nicht erläutern.
Aber eines gilt für alle: Man kann sich gar nicht genug Gedanken machen, wie man mit dem „Startkapital“ der Kleinsten umgeht. Auch hier ist schon Expertenrat gefragt, denn selbst wer ganz klein anfängt, kann es mit der richtigen Strategie wie beispielsweise einem guten Sparplan zu was bringen. Vorsicht ist dabei allemal angesagt. Und hier kommen wir zum aktuellen Finanz-Desaster, das gerade unter dem Namen „Panama-Papiere“ durch die Medien geistert.
Oh wie schön ist Panama…
Sicher kennen viele von Ihnen das berühmte Kinderbuch von Janosch, in dem der kleine Bär und der kleine Tiger nach Panama reisen wollen – das Land ihrer Träume. Ich habe es jedenfalls mit Begeisterung meinen Kindern vorgelesen. Das „Traumimage“ des mittelamerikanischen Landes bröckelt allerdings gewaltig.
So geht beispielsweise die Süddeutsche Zeitung hart ins Gericht: „Es mag Menschen geben, die ihr ehrlich verdientes Geld über eine Briefkastenfirma im fernen Panama laufen lassen. Es fällt einem allerdings kaum ein Grund ein, warum sie das tun sollten. Die Gebühren sind hoch, der Service lausig. Tatsächlich besteht das Erlösmodell von Offshore-Paradiesen wie Panama darin, sich Menschen anzudienen, die ihr Geld eben nicht auf ehrliche Weise verdient haben. Ihre Kernzielgruppe sind Steuerbetrüger und Geldwäscher, korrupte Diktatoren und bestechliche Beamte, Drogenhändler, Waffenschieber, Mafiosi und Terroristen.“
Das klingt durchaus einleuchtend und spiegelt die gängige Ansicht wider, die von Medien und hochrangigen Politikern vertreten wird. Doch bevor ich darauf eingehe, welche Auswirkungen die geforderten strikteren Maßnahmen auf die Wirtschaft haben könnten – und das sind keine unerheblichen – will ich Ihnen zum besseren Verständnis einmal den Begriff erklären:
Das steckt hinter den Panama-Papers:
Als Panama-Papers (deutsch: Panama-Papiere) werden vertrauliche Unterlagen des panamaischen Offshore-Dienstleisters Mossack-Fonseca bezeichnet, die zahlreiche Steuer- und Geldwäschedelikte sowie den Bruch von UN-Sanktionen durch Kunden dieses Unternehmens belegen sollen. Infolge des mit 2,6 Terabyte bisher größten bekanntgewordenen Datenlecks gelangten am vergangenen Sonntag (03. April 2016) erste Inhalte an die Öffentlichkeit. Die Enthüllungen haben in zahlreichen Ländern öffentliche Debatten über Briefkastenfirmen, Steueroasen, Steuerdelikte und Steuermoral ausgelöst.
Bei den Dokumenten handelt es sich um rund 11,5 Mio. E-Mails, Briefe, Faxnachrichten, Gründungsurkunden, Kreditverträge, Rechnungen und Bankauszüge aus den Jahren 1977 bis 2015. Die Originaldaten wurden bislang nicht veröffentlicht. Wie aus den Papieren hervorgeht, half die Anwaltskanzlei Mossack-Fonseca mehr als 14.000 Klienten bei der Gründung von 214.488 Firmen an 21 Offshore-Finanzplätzen.
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BNP Paribas präsentierte: „Rendevous mit Harry“ am 04.04.2016
DAX "so lala"
Für Trader Harald Weygand scheint der DAX orientierungslos. Zumal der starke Euro den Index belastet. Indessen: Das „Big picture" des Charts scheint weiter zu stimmen. Der US-Markt sieht, laut Weygand, gut aus. Hier hilft unter anderem der schwache US-Dollar. Allerdings zieht der Trader in der Sendung „Rendezvous mit Harry“ eine Statistik hervor, die zweifeln lässt: In jedem US-Wahljahr war bislang das zweite Quartal, das gerade begann, schwach.
Aus der Reihe der Aktien, ging es in der Sendung unter anderem um Morphosys, zu der Moderator Volker Meinel einen BNP Paribas Schein zeigen konnte. Von den US-Aktien ist weiter eine McDonald's spannend. Gleichsam Yahoo, Amazon und Gilead Sciences. Der Dollar stand am Ende der Sendung im Visier. Weygand bleibt bei seiner Prognose für den Euro: 1,20 Dollar. Ein Blick auf WTI und auf den Goldpreis rundete die Sendung ab.
Die nächste Sendung findet am kommenden Montag, 11. April 2016, gewohnt um 19 Uhr statt.
Wer ist der nächste Panama-Kandidat?
Die Liste der Namen, die im Zusammenhang mit Offshore-Geschäften in Panama fallen, wird immer länger. Bereits für heute werden weitere prominente Enthüllungen erwartet. Der Staat Panama sowie Mossack-Fonseca wehren sich derweil. Natürlich stehen auch die Behörden dort unter Druck. Das Hin- und Hergeschiebe der Schuldzuweisungen nimmt dementsprechend seinen Lauf.
Die Kritik der Industrieländer-Organisation OECD an mangelnder Kooperationsbereitschaft beim Austausch von Finanzdaten wies die Regierung des mittelamerikanischen Landes indes zurück. Eine gravierende Auswirkung auf die Wirtschaft haben die Enthüllungen bereits gebracht: Das Thema Unternehmensfusion dürfte künftig ein schwieriges werden.
Strengere Regeln machen Strich durch manche Rechnung
In den USA tragen die Enthüllungen bereits erste Früchte. So wurde heute Morgen bekannt, dass der US-Pharmagigant Pfizer (bekannt durch Viagra) laut Insider-Aussagen den Deal der Megafusion mit dem irischen Pharmahersteller Allergan platzen lassen werde. Zu erschwerend seien die von US-Finanzminister Jack Lew angekündigten verschärften Regeln, denen solche Übernahmen von ausländischen Firmen künftig unterliegen sollen.
Pfizer wollte nach der mit 160 Mrd. Dollar bezifferten Übernahme seinen Firmensitz nach Irland verlegen, was für die amerikanische Justiz einem „Untertauchen“ gleichgekommen wäre. Dazu muss man wissen, dass die Körperschaftssteuer in Übersee vergleichsweise hoch ist.
Plan von Pfizer und Allergan dank Panama-Enthüllungen durchkreuzt
Genau diese zu umgehen, das war wohl auch der Plan der beiden Firmenchefs Ian Read (Pfizer) und Brent Saunders (Allergan), als sie Ende vergangenen Jahres den bevorstehenden Mega-Deal verkündeten. Bis zur Jahresmitte sollte die Fusion eigentlich vollzogen werden.
Aber es geht noch weiter: Die angekündigten neuen Regeln würden sogar rückwirkend inverse Fusionen beschränken, die in den vorangegangenen 36 Monaten durchgeführt wurden. Das Risiko steigt also erheblich, vor allem bei dem derzeitigen politischen Wahlkampf-Klima, in dem US-Unternehmen stark angegriffen werden, die sich ihren Steuerzahlungen durch Flucht ins Ausland entziehen.
Damit grüße ich Sie herzlich und kritisch zur Wochenmitte,
Ihre
Martina Bisdorf
PS: Sicher ist damit zu rechnen, dass auch hier in Europa und überall auf der Welt sich nicht nur Übernahme-Regelungen verschärfen werden. Der Anfang scheint gemacht. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Zitat der Woche
„Wer mit Hilfe von Briefkastenfirmen Zahlungswege und Finanzströme verheimlicht, der muss sich zu Recht fragen lassen, wieso er das tut. Den Verdacht, dass hier jemand den Staat hintergehen möchte, darf man hegen.“
Dr. Thomas Schäfer, hessischer Finanzminister zu den Panama-Enthüllungen
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