Börse, Wirtschaft, Lifestyle - Was Anleger & Börsenprofis bewegt
Ausgabe vom 16. Dezember 2015
- Luxus geht (fast) immer – Aber was ist das eigentlich?
- Der smarte Buchtipp für Anleger
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Luxus geht (fast) immer – Aber was ist das eigentlich?
von Martina Bisdorf
Redaktion BÖRSEN-SPIEGEL Like Follow
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die französische Großbank Société Générale hat gerade das Kursziel für den Luxusgüterhersteller LVMH von 182 auf 177 Euro gesenkt, die Einstufung aber dennoch auf „Buy" belassen. Die Auswirkungen der jüngsten Terrorakte von Paris auf die Luxusgüterhersteller seien massiver als bei den Anschlägen auf Charlie Hebdo vom Januar, äußerte Analyst Thierry Cota in einer Branchenstudie vom Freitag. Er senkte seine Umsatz- und operativen Gewinnschätzungen für Modekonzerne um bis zu 3% und für Schmuck- und Uhrenhersteller um bis zu 10% - und das kurz vor Weihnachten.
So viel zu den aktuellen Nachrichten aus dem Luxusgüter-Bereich. Auch er ist verwundbar, selbst wenn die Erfahrung der vergangenen Jahre uns gelehrt hat, dass Luxusartikel - seien sie nun kulinarischer oder eher glamouröser Art wie in Form von hochwertigem Schmuck oder auch event-besetzt, etwa mit ausgefallenen Reisen – sich nach Absatzdellen immer recht schnell erholen. Es gibt sie eben, die Reichen und Superreichen dieser Welt.
Hochmut kommt vor dem Fall…
Und das mit steigender Tendenz: Die Zahl der Milliardäre weltweit nimmt zu. Die Gruppe derer also, die sich im hochpreisigen Bereich bewegen und auskennen. Eine neue Studie, die heute im Handelsblatt veröffentlicht wurde, zeigt aber: „Wer hoch fliegt, fällt oft tief.“ Die Autoren haben den Werdegang von Milliardären über Jahrzehnte verfolgt kommen zu dem Ergebnis, dass Reichtum sehr flüchtig sein kann.
In der Studie der Schweizer Großbank UBS und der Beratungsfirma PwC wird dargelegt, dass viele abgestiegene Milliardäre „infolge ihres Todes, der Auflösung der Familie oder des Untergangs ihres Unternehmens von der Liste gestrichen worden sind.“ So sorgen etwa die Erbschaftssteuern in den USA und Großbritannien dafür, dass die Nachkommen eines Milliardärs keine zehnstelligen Vermögen vererbt bekommen.
Frauen geben Gas – Zahl der Milliardärinnen steigt rasant
Zwar liegen Aufstieg und Fall der Superreichen nah beieinander. Der generelle Trend deutet indes klar in eine Richtung: nach oben. Seit 1995 stieg die Zahl der Milliardäre weltweit von 289 auf zuletzt 1.347. Insgesamt gehören ihnen Vermögenswerte von 5,4 Bio. Dollar. Das ist weit mehr, als Deutschland in einem Jahr an Gütern und Dienstleistungen erwirtschaftet. 2014 erreichte das Bruttoinlandsprodukt – in Dollar gerechnet – knapp 3,2 Bio.
Eine kleine Randbemerkung kann ich mir dabei nicht verkneifen: Interessanterweise steigt die Zahl der Frauen, die über ein zehnstelliges Vermögen verfügen, schneller als jene der Männer. In den vergangenen 20 Jahren wuchs die Zahl der Milliardärinnen um den Faktor 6,6 auf 145. Die Zahl der Milliardäre wuchs nur um den Faktor 5,2 auf 1.202. Damit wird der Club der Superreichen allerdings trotz des rasanten Aufstiegs der Frauen (noch) von Männern dominiert.
Luxuriöser Buchtipp zu Weihnachten
Die reichste deutsche Frau ist übrigens Quandt-Erbin Susanne Klatten (BMW-Großanteilseignerin). Forbes schätzt ihr Vermögen auf knapp 15 Mrd. Dollar.
Falls Sie vor Weihnachten auch gerne einmal in die Welt des Luxus abtauchen möchten oder damit liebäugeln, Ihrem Schatz ein „luxuriöses Geschenk“ unter den Baum zu legen, dann hat meine Kollegin Cindy Ullmann heute den richtigen Buchtipp für Sie.
Der smarte Buchtipp für Anleger: „Luxus“ von Lambert Wiesing
Von Cindy Ullmann
Weg mit den Klischees: Dieses Buch schafft ein neues und sich gut anfühlendes Bild von Luxus
Literatur zum Thema „Luxus“ ist eher rar gesät – das hat auch Lambert Wiesing festgestellt, als er mit dem Gedanken spielte, ein Buch darüber zu schreiben. Doch vielleicht hat gerade das ihn angespornt. Alle bis dato erschienenen Werke haben laut Wiesing eines gemeinsam: Sie pendeln zwischen der Kritik und der Verteidigung von Luxus. Das liegt meiner Ansicht nach daran, dass dem Begriff Luxus grundsätzlich etwas Anstößiges anhaftet. In dem Dorf, in welchem ich aufgewachsen bin, fällt des Öfteren der verächtliche Satz: „Ach der, der schwimmt doch in Geld, bei dem Luxus, den er sich leisten kann.“ Gemeint sind damit Menschen, die ein Unternehmen aufgebaut, viel Arbeit und Herzblut hinein gesteckt haben, sich nach Jahren harter Arbeit schließlich ein schickes Haus gebaut haben und mit einem Oberklassewagen in ihre Firma fahren. Es ist der Luxus, welchem sie selbst ihrer Meinung nach entsagen müssen, weil ihnen die finanziellen Mittel fehlen. Für mich ist Luxus schon ein freier Abend mit meinem Mann, den Kindern sei Dank.
Doch, egal in welcher Wissenschaft sich mit dem Thema befasst wird, bewegt sich laut Wiesing die Begrifflichkeit immer nur zwischen Kritik und Apologie von Luxus, nicht dahin, was Luxus tatsächlich ist. Und genau dieses Gefangensein zwischen Gut und Böse möchte Lambert Wiesing mit seinem Buch aufbrechen. Ist Konsum wirklich nur Leben in Überfluss und Verschwendung, mit „Prestigeobjekten und Statussymbolen, mit Reichtum und Komfort, mit Schmarotzertum oder Geltungskonsum, mit teurem Schnickschnack und angeberischem Protz?“, wie er selbst sagt. Nein. Wiesing meint, dass man endlich wegkommen muss von der prinzipiellen Bewertung von Luxus, sondern man muss eine neutrale Definition finden und genau das hat Wiesing mit seinem Buch getan.
Die Menschen neigen heute zu Zweckrationalität und Effizienzfokussierung
Das Schöne daran: Obwohl es um die reine Vorstellung des Luxusbegriffs geht, geschieht diese durchaus mit großer Empathie. Denn Wiesing stellt sich die Frage: „Was bedeutet Luxus für Menschen?“ Es geht dabei um Selbsterfahrung und um Perspektiven auf Dinge. Wiesing stellt Luxus scheinbar verwandten Begriffen wie Besitz, Komfort und Protz gegenüber und räumt mit Falscheinschätzungen auf. Er stellt sich die Frage, warum neigen die Menschen heutzutage zur Zweckrationalität, zur Effizienzfokussierung? Es ist ein Phänomen unserer schnelllebigen Zeit, dass wir uns auf das Notwendige fokussieren und dabei das Genießen vergessen. Und dementsprechend verurteilen wir bisweilen jene, die sich dieses Diktat nicht auferlegen, sondern ihren eigenen Luxus zelebrieren.
Zusammenfassend bedeutet das Buch „Luxus“ für mich eine längst überfällige Hommage an das wieder bewusstere Erleben und Konsumieren, an die Selbsterkenntnis, dass jeder Mensch Luxus in seinem Leben haben und diesen auch genießen darf. Er muss ihn nur wieder als diesen entdecken und wir müssen akzeptieren, dass jeder Mensch ein anderes Empfinden von Luxus hat. Und wenn wir unserem „individuellen Luxus“ wieder einen Platz in unserem Leben einräumen, dann schaffen wir es auch, dieses selbstauffressende Bewerten und Kritisieren zu unterlassen. Wir können uns Aufraffen, selbst wieder etwas dafür zu tun, dass der Luxus bei uns einzieht. Wiesing nennt es „Selbermachen von etwas Nichtnotwendigem“ – nur das kann wirklich zufrieden machen – die Adventszeit lädt uns gerade dazu ein: Lassen auch mal etwas Notwendiges liegen und stehen und gönnen Sie sich den Luxus, ein gutes Buch zu lesen: „Luxus“ von Lambert Wiesing zum Beispiel.
„Luxus“ von Lambert Wiesing
Etwa 200 Seiten. Gebunden
Suhrkamp Verlag
ISBN: 978-3-518-58627-3
24,95 Euro
Mit diesem smarten Hauch von Luxus wünschen wir Ihnen noch eine schöne Adventszeit.
Herzliche Grüße
Ihre
Martina Bisdorf und Cindy Ullmann
PS: Erneut erweist sich Asien als die dynamischste Region, wenn es ums Vermögen geht: Dort kletterte die Zahl der sehr reichen Frauen in den vergangenen zehn Jahren um den Faktor 8,3 auf 25. In Europa stieg ihre Zahl von 21 auf 57 um den Faktor 2,7. Die meisten Milliardärinnen gibt es in den USA mit 63. Vor zehn Jahren waren es 37.
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