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Ausgabe vom 07. Oktober 2015
- Tante Emma geht online – Der Markt zeigt sich appetitlich
- Zitat der Woche
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Tante Emma geht online –
Der Markt zeigt sich appetitlich
von Martina Bisdorf
Redaktion BÖRSEN-SPIEGEL Like Follow
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
knackfrische Möhren, sonnengereifte Tomaten und eine Stange sattgrünen Lauch – vom Paketboten direkt an die Haustür geliefert. Das Berliner Start-up-Unternehmen HelloFresh liefert seinen Kunden mundgerecht gepackte Zutaten mit entsprechenden Rezepten für Mahlzeiten, die sie dann in aller Ruhe zubereiten können. Zur Wahl stehen „Kochbox" genannte Gemüsepakete in unterschiedlichen Größen sowie eine Obstbox. Die kleinste Gemüsebox enthält drei Mahlzeiten für zwei Personen und kann für knapp 40 Euro erworben werden.
Wocheneinkauf der Zukunft findet an der Haustür statt
Das Bild, das man hier automatisch vor Augen hat, gibt uns einen leckeren Vorgeschmack auf den Wocheneinkauf der Zukunft. Jedenfalls steht bereits jetzt fest: Der Börsenaspirant aus dem Hause Rocket Internet, das mit hier 57% beteiligt ist, profitiert davon, dass immer mehr Menschen sich die Zutaten zum Kochen lieber an die Wohnungstür liefern lassen, als sie im Supermarkt selbst einzukaufen.
Ähnlich äußerte sich der Handelsexperte Florian Huber vom Beratungsunternehmen EY gegenüber dem Finanzmagazin EURO am Sonntag:„Ich halte das Konzept für sehr spannend und extrem vielversprechend." „Solche Boxen decken gleich mehrere Trends ab, wie den zum gemeinsamen Kochen und zum Einkaufen im Netz sowie den zur Ernährung mit ausgewählten und frischen Zutaten." Gleichzeitig wachse in Deutschland die Bereitschaft, mehr Geld für gute Lebensmittel auszugeben. Dies ebne den Weg für die Online-Lieferanten.
Enormes Potenzial für Online-Lieferanten
„Der Markt ist auf jeden Fall da, und das Potenzial ist enorm", so Huber weiter. Wichtigste Zielgruppen seien Berufstätige, die den Feierabend nicht in der Schlange an der Supermarktkasse verbringen wollen, Familien mit Kindern, die sich den Stress des Einkaufens ersparen, sowie Senioren und Menschen, die keine schweren Einkaufstüten tragen können.
Da kann ich durchaus mitgehen, denn hier steht ganz klar der Zeitfaktor im Vordergrund. Mich jedenfalls nervt es zunehmend, nach Feierabend oder samstags morgens, wenn die Läden zum Bersten voll sind, noch schnell das Nötigste zu besorgen – das ich dann oft nicht mehr ganz frisch bekomme.
Online-Handel verändert die Einkaufsgewohnheiten der Deutschen massiv
Laut einer EY-Studie werden im Jahr 2020 rund 10% der Lebensmittel im Netz eingekauft werden. Zuletzt gaben die Deutschen jährlich etwa 175 Mrd. Euro für Lebensmittel aus. Noch ist der online gekaufte Anteil sehr gering. Doch genau hier liegt das Potenzial. Das sehen auch die Experten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) so: „Obwohl der Onlineanteil mit 1,2% auf einem sehr niedrigen Niveau liegt, ist die Bedeutung des Onlinehandels mit 2,6 Mrd. Euro Umsatz 2014 nicht zu vernachlässigen", stellt GfK-Forscher Gerold Doplbauer fest.
Der Druck auf den stationären Handel, der derzeit noch relativ gering ist, könnte sich so schon bald erhöhen. Das wissen auch die alteingesessenen Lebensmittelhändler: Denn längst bieten Supermarktketten und Discounter ihre Ware in Onlineshops feil und liefern sie direkt nach Hause. Rewe beispielsweise bringt inzwischen in mehr als 50 Städten im Internet bestellte Lebensmittel direkt an die Tür. Zwar standen die Onlineumsätze des Lebensmittelhändlers in zweistelliger Millionenhöhe zuletzt einem stationären Umsatz von 17 Mrd. Euro gegenüber, doch das Wachstum ist da: Im vergangenen Jahr vervierfachte sich das Webgeschäft mit Gemüse und Co! Tendenz steigend.
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BNP Paribas präsentierte: „Rendezvous mit Harry“ vom 5. Oktober 2015
„Der DAX leitet mögliche Aufwärtskorrektur ein", so Top-Trader Harry Weygand in der Sendung „Rendezvouz mit Harry“. Diese könne zunächst bis 10.060 Punkte halten. Allerdings sieht er aber noch keine entscheidenden Signale für einen nachhaltigen Anstieg. Danach ging es in der von Kemal Bagci von BNP Paribas moderierten Sendung Schlag auf Schlag. Bei der Aktie von K+S sieht Harry nunmehr eine wichtige langjährige Unterstützung bei 22 Euro, die halten sollte. Dies gilt auch für VW. Die langjährige Marke von 86,38 Euro scheint zu halten. Für Daimler ist Harry eher long bis 70,60. Stopp-loss bei 62,86.
Bei Apple stehen zwei mögliche Szenarien an: Dabei scheint ein steigendes Szenario bis 130 nur relevant ab einem Anstieg über 117 Dollar-Marke. Fallendes Szenario bis 90 Dollar. Die Aktie von Netflix zeigt Stärke: „Kann bis 129 Dollar laufen", so Harry. Stopp-loss bei 97 Dollar. Öl zeigt einen überzeugenden Ausbruch. WTI kann bis auf 51,24 Dollar steigen. Und schließlich nach mehreren Wochen mal wieder Silber: Das Edelmetall habe nach dem jüngsten Anstieg Potenzial bis 17 Dollar. Wer die Sendung noch einmal hören und sehen möchte, einfach hier klicken. Die nächste Sendung von Rendezvous mit Harry findet am Montag 12. Oktober, gewohnt um 19 Uhr statt.
Die Discounter ziehen kräftig mit – Deutschland hinkt hinterher
Dass gerade die großen Supermarktketten diesen Markt nicht verschlafen, sondern forcieren wollen, zeigt sich zum Beispiel bei Aldi: Erst jüngst verkündete der Discounter den Plan, das Geschäft in Großbritannien 2016 durch ein neues Online-Angebot auszubauen. Aldi will den Briten zunächst Wein und Nonfood-Aktionsware über das Internet verkaufen. So könne man den Kontakt zu neuen Kunden herstellen, erklärte der Chef der britischen Tochter, Matthew Barnes. Der Schritt sei Teil einer langfristigen Strategie.
Im Vereinten Königreich ist der Online-Lebensmitteleinkauf nämlich längst etabliert. Angebote gibt es dort seit 20 Jahren, die Kunden haben sich an den zusätzlichen, bequemen Vertriebskanal gewöhnt. Laut EY wurden auf der Insel bereits 2012 Lebensmittel im Wert von 5,5 Mrd. Euro über das Internet verkauft. In Deutschland waren es da gerade mal mickrige 540 Mio. Euro. Wieder einmal zeigen wir Deutsche uns da etwas zögerlich. Experten schätzen, dass Deutschland beim Online-Lebensmittelhandel den Briten etwa sieben Jahre hinterherhinkt…
Tante Emmas Enkel stehen nicht mehr hinter der Ladentheke…
Den Umbruch will natürlich auch Europas größter Handelskonzern Metro nicht verpassen. Vor einem knappen Jahr stiegen die Düsseldorfer beim Start-up Emmas Enkel ein. Erst kürzlich gab der Konzern bekannt, dass die Expansion in deutschen Innenstädten deutlich vorangetrieben werden solle. Das junge Unternehmen bietet seinen Kunden die Wahl, frische Lebensmittel, Drogerie-, Haushaltsartikel und Bürobedarf in kleinen, innenstädtischen Geschäften an der Ladentheke zu kaufen oder per QR-Code über das Smartphone online zu bestellen.
Auch die Deutsche Post will etwas vom Kuchen abhaben: Der Online-Supermarkt Allyouneed, eine Beteiligung der Bonner, hat zwar keine Anbindung an etablierte Lebensmittelhändler, versucht aber gleichwohl, sich Marktanteile zu sichern. Die Großen bereiten sich akribisch vor: Nach einem Probelauf im US-amerikanischen Seattle rüstet auch der weltgrößte Onlinehändler, Amazon, für den Angriff auf den Lebensmittelmarkt.
… und die großen Unternehmen mischen kräftig mit
Der Start des Lebensmittel-Lieferdiensts Amazon-Fresh in Deutschland wird konkreter: So führen nach neusten Medienberichten die Amerikaner Gespräche mit Lieferanten, die umfangreiche Frischesortimente wie Obst und Gemüse bereitstellen können. Bis zu einem möglichen Einstieg dürfte allerdings noch Zeit ins Land gehen. Insider ließen verlauten, dass es wohl nächstes Jahr werden würde. Dann jedoch dürfte der Onlinehändler den Markt mit seiner starken Kundenbasis kräftig aufmischen.
Bis es so weit ist, ist das Start-up HelloFresh aus dem Hause Rocket Internet womöglich schon an der Börse. Finanzkreisen zufolge ist die Erstnotiz noch für dieses Jahr geplant. Denn die Geschäfte laufen prima. So schnellte der Erlös des jungen Unternehmens im ersten Halbjahr um 408% auf satte 112,5 Mio. Euro in die Höhe. Und Wachstum weckt bekanntlich Begehrlichkeiten… Außer Rocket Internet kommen sicher noch viele Unternehmen auf den Geschmack…
Wie auch immer Sie in Zukunft Ihre Einkäufe tätigen werden, ich grüße Sie herzlich und kritisch zur Wochenmitte,
Ihre
Martina Bisdorf
PS: Und weiter geht´s bei VW: Nun hat die Klagewelle auch Deutschland erreicht: Hier hat eine erste Kundin Klage gegen den Autobauer eingereicht. Die Klägerin habe gezielt ein umweltfreundliches Auto kaufen wollen, die angeblich niedrigen Abgaswerte seien für sie „kaufentscheidend“ gewesen, teilten ihre Rechtsanwälte heute in Bochum mit. Die Kanzlei erhob vor dem Landgericht Braunschweig Klage auf Schadenersatz.
Zitat der Woche
„Meistens wissen die Leute nicht, was sie wollen, bis man es ihnen zeigt.“
Steve Jobs (gest. 05. Oktober 2011)
Was der Apple-Mitgründer und langjährige CEO auf seine Produkte bezog, könnte man durchaus auch auf den Lebensmittel-Onlineeinkauf anwenden. Man wird sehen…
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