Börse, Wirtschaft, Lifestyle - Was Anleger & Börsenprofis bewegt
Ausgabe vom 08. Juli 2015
- Haben Sie einen Flugurlaub gebucht? – Schon über Alternativen nachgedacht?
- Zitat der Woche
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Griechenland hin, China her - es muss auch noch andere Themen geben, die die Märkte und Börsen bewegen. Und die gibt es. So sollten wir bei der gerade gestarteten Sommerferien-Saison mal schauen, was die Luftfahrt macht, denn da tut sich so einiges.
Leider sind auch das nicht unbedingt erfreuliche Nachrichten. Denn die Zeichen der Luftfahrtbranche sind auf Streik programmiert.
Beim Blick auf die aktuellen Kurse der Airlines schleicht sich zwar vorsichtiger Optimismus ein, liegen sie doch alle gegenüber gestern leicht im Plus. Doch die Aussichten auf das eventuelle „Am-Boden-Bleiben“ zur Hauptsaison hatten die Aktien der beiden zunächst betroffenen Fluggesellschaften zu Wochenbeginn deutlich ins Minus rutschen lassen.
Dt. Lufthansa: Verhandlungen gescheitert
Die Dt. Lufthansa bedauerte zu Wochenbeginn das Ende der Verhandlungen mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC). Lufthansa und die Sprecher der Piloten hatten zuvor versucht, über Sondierungsgespräche in eine Gesamtschlichtung zu allen offenen tariflichen Fragen zu kommen. Nach Unternehmensangaben sind mit der Gewerkschaft sechs Tarifverträge offen - unter anderem zum Gehalt, zur Übergangsversorgung und zu den Betriebsrenten der etwa 5.400 Piloten der Gesellschaften Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings.
Für Zündstoff anstatt Treibstoff in den Gesprächen sorgt immer wieder die von Lufthansa-Chef Carsten Spohr forcierte Einführung der neuen Billigplattform Eurowings, mit der auch Arbeitsplätze zu billigeren Konzerntöchtern ins Ausland verlagert werden sollen. Europas größte Airline wollte dieses Thema bei den direkten Verhandlungen außen vor lassen, weil es dabei um rein unternehmerische Entscheidungen gehe.
12 Streikrunden in einem Jahr
Das sehen die Piloten und Flugingenieure, die ebenfalls dem Berufsverband Vereinigung Cockpit angehören, anders. Denn gerade dies ist eines der Kernthemen für sie. So erklärte die VC am Montag die Schlichtung für gescheitert und kündigte im gleichen Zug an, dass ab sofort wieder Streiks möglich seien.
Wenn es nicht so unangenehm für die betroffenen Fluggäste wäre, könnte man fast von einer reifen Leistung sprechen: Seit April 2014 hat es 12 Streikrunden gegeben, die die Lufthansa nach eigenen Angaben mehr als 300 Mio. Euro gekostet haben. Einen konkreten Termin für einen erneuten Arbeitskampf gibt es allerdings noch nicht. Darüber soll nun in den Gremien der VC beraten werden.
Easyjet: Auch auf der Insel wird über Streik nachgedacht
Auch die britische Fluglinie Easyjet steckt in Schwierigkeiten. Die Mitarbeiter des Billigfliegers wollen mitten in der Urlaubszeit über einen Streik abstimmen. Rund 2.000 Flugbegleiter sollen am Dienstag kommender Woche darüber entscheiden, ob sie die Arbeit niederlegen, wie die Gewerkschaft Unite am Montag in London mitteilte.
Ein Gewerkschaftssprecher beruhigte derweil die Gemüter: „Von einem Streik sind wir noch weit entfernt. Wir hoffen, dass wir davor eine Lösung finden.“ Im Falle eines Ausstands, der frühestens am 10. August beginnen dürfe, werde es aber erhebliche Störungen geben, die auch Deutschland betreffen könnten.
Air Berlin auf Sanierungskurs
Die angeschlagene Fluggesellschaft Air Berlin verschärft bei ihrer Sanierung den Schrumpfkurs. Die Lufthansa-Konkurrentin hält sich seit Jahren nur noch dank Finanzspritzen des Großaktionärs Etihad Airways in der Luft. Erst für das kommende Jahr rechnet Konzernchef Stefan Pichler wieder mit einem operativen Gewinn.
Es gehe nicht um Größe, sondern um Gewinn, so Pichler beim Luftfahrt-Kongress „Aviation-Event" am Montag in Frankfurt. Die rund 140 Maschinen starke Air Berlin-Flotte werde nach dem Abgang von sieben Jets im vergangenen Jahr voraussichtlich auch 2015 weiter verkleinert. Auf der Kippe sieht Pichler zudem die eigene Flugzeugwartung und flugfremde Abteilungen wie die Personalverwaltung. Bleibt zu hoffen, dass dieser Schrumpfkurs nicht auch die Flüge in Form eines Arbeitskampfes schrumpfen lässt.
Reiselust ist ungebremst
Trotz aller Eventualitäten: Die Reiselust der Deutschen ist ungebremst. Fast alle meiner Freunde, Kollegen und Bekannten haben schon ein Urlaubsziel für den Sommer. Es muss ja nicht immer die Flugreise sein. Auch in heimischen Gefilden sowie in unseren Nachbarländern gibt es herrliche Fleckchen zu entdecken – und das kann man dann auch ganz entspannt mit dem eigenen Auto.
Das Gute liegt so nah – Reizvolle Ziele in der Nachbarschaft
Wie etliche Erhebungen zeigen, liegen nahegelegene Urlaubsziele tatsächlich seit Jahren stark im Trend. Und dabei muss man nicht sofort an mühsame Bergtouren mit schweren Rücksäcken denken (obwohl das ja mein persönlicher Urlaubsfavorit ist). Nein, die heutigen Bergurlauber wollen unterhalten werden. Große Ferienregionen wie etwa das Zillertal in Tirol rüsten daher mächtig auf.
Tourismusbranche mutiert immer mehr zur Unterhaltungsbranche
So hat zum Beispiel Senner Heinz Kröll im Tiroler Mayrhofen eine „Erlebnis-Sennerei“ eröffnet. Ein voller Erfolg – Er wird gleich busseweise von erlebnishungrigen Touristen geflutet. Alles dabei – vom Rentner bis zu Schulklassen. „An guten Tagen im Sommer kommen bis zu 1.400 Menschen“, verkündet Senner Kröll nicht ohne Stolz und steuert seine neueste Attraktion an. „Genusslöffeln“ nennt der Unternehmer seine Joghurt-Degustation am Ende der Tour. Hört sich gut an.
Erwartungen der Touristen steigen
„Die Erwartungshaltung der Leute steigt“, meint auch Gernot Paesold, Geschäftsführer der Zillertal Tourismus GmbH. Wanderwege allein sind nicht mehr genug. Aus dem Talspaziergang ist ein Kräuterwanderweg mit Schautafeln geworden, Radausflüge haben sich zu E-Mountainbike-Genusstouren verwandelt.
Die Alpen werden zum Freizeitpark einer touristischen Unterhaltungsindustrie. Ein Trend der – für mich persönlich mit etwas Bedauern – nicht zu stoppen sein wird. Jede Entwicklung hat eben ihren Preis.
Boom Flusskreuzfahrten
Auch das Schiff bietet eine reizvolle Alternative zum Flugurlaub. Und dabei muss man auf heimischen Gewässern noch nicht einmal auf südländisches Flair verzichten. Das haben inzwischen auch die US-Touristen entdeckt. Deren Anzahl auf deutschen Flusskreuzfahrten steigt stetig.
Im Handelsblatt ist mir eine Headline ins Auge gestochen: „Würzburg ist das neue Venedig“ Das kann ich gut nachvollziehen, denn die uns nahegelegene Frankenstadt hat durchaus ihre Reize. Eingebettet in romantische Weinberge wird die Kreuzfahrt auf dem Main garantiert zum Erlebnis.
Mit diesem Vorgeschmack auf einen genüsslichen Urlaub grüße ich Sie herzlich und kritisch zur Wochenmitte.
Ihre
Martina Bisdorf
PS: Starke Kursrutsche werden erneut von Chinas Börsen gemeldet, und das trotz weiterer staatlicher Eingriffe. Der Aktienmarkt in Shanghai öffnete heute um rund 7% niedriger, während die Börse in Shenzhen fast 5% tiefer lag. Die chinesische Zentralbank zeigt sich alarmiert. Mehr dazu lesen Sie morgen im BÖRSEN-SPIEGELdaily-Pressespiegel.
Zitat der Woche
„Wir sind eine Nation, die den Frieden liebt. Aber wenn man uns den Krieg erklärt, wissen wir uns zu verteidigen – und wie man den Kampf gewinnt.“
Alexis Tsipras, griechischer Ministerpräsident
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