Börse, Wirtschaft, Lifestyle - Was Anleger & Börsenprofis bewegt
Ausgabe vom 06. Juli 2015
- „OXI!“ – Ein Volk hat gesprochen - Wie geht es nun weiter?
- Ihre BÖRSEN-SPIEGEL-Woche im Überblick
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
„Oxi – Nein!“ – Das griechische Volk hat gesprochen und wird damit in aller Welt wahrgenommen – vielleicht erstmals wieder richtig als Volk und nicht nur als populistische Regierung, auf die etliche Medien Griechenland in den vergangenen Wochen reduziert haben. Aus Sicht der hellenischen Bevölkerung ist es auch durchaus verständlich, dass sie sich mit überzeugender Mehrheit (immerhin mit 61,31% der Stimmen) gegen die strikten Sparpläne der europäischen Geldgeber ausgesprochen hat.
Ein junger griechischer Leser, der in Deutschland lebt, hat mir Ende letzter Woche direkt nach seinem Heimaturlaub in Griechenland berichtet, wie dramatisch die Lage der Menschen dort ist. Er hatte zu diesem Zeitpunkt schon mit mit einem klaren „Nein“ gerechnet, nachdem er die Stimmung im Land aufgefangen hatte.
Eine griechisch-deutsche Stimme:
„Nachdem ich mitbekommen habe, dass Herr Tsipras tatsächlich das Volk abstimmen lassen will, war ich überrascht. Meine Freunde und Bekannte in Griechenland haben sich in dieser Nacht gefreut. Gefreut, dass sie endlich selber mitsprechen dürfen und selbst zwischen Ruin und Ruin entscheiden dürfen. Immerhin wissen sie dann auch, dass der Ruin ihre Entscheidung war. Doch schon am nächsten Morgen gab es kriegsähnliche Zustände. Das Stürmen auf den noch so gut versteckten Geldautomaten und Supermarkt wurde zum Volkssport. Es war das pure Chaos. Pauschal wird ja das ,Oxi‘ - Nein - zur ,Mode‘. Jeder, der nicht ,Oxi‘ wählt, gilt als ein Verräter. Vor drei Wochen war ich auch für eine Woche in Griechenland und dennoch habe ich mich gefühlt, als wären Jahre vergangen. Die Lage hat sich dramatisch verschlechtert. Menschen am Verhungern. Rentner am verzweifeln - unfassbar. Ich muss selber sagen, ich bin mir nicht sicher, was schlimmer ist. Das ,Ja‘ oder das ,Nein‘? Egal ob gefragt wird, ob das Volk im Euro bleiben möchte oder ob Tsipras einen neuen Deal unterschreiben soll, viel schlimmer kann es meiner Meinung nach nicht kommen.“
Mich haben diese sehr persönlichen Eindrücke eines jungen Menschen, der die Lage auf beiden Seiten kennt und fühlt, sehr beeindruckt. Vielen Dank dafür!
Beide Seiten müssen ganz von vorne anfangen
Uns allen ist bewusst, dass die Abstimmung noch lange keine Lösung bedeutet. Nun, da der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, der schon allein aufgrund seiner provokanten Art für viele Amtskollegen als Verhandlungspartner nicht mehr akzeptabel war, seinen heutigen Rücktritt bekannt gegeben hat, kann man davon ausgehen, dass die Türen für neue Gespräche wieder geöffnet werden. Irgendwie muss ja jetzt etwas geschehen.
So dürfte in Brüssel gezwungenermaßen schon sehr bald wieder über die finanzielle Rettung des Landes verhandelt werden. DIHK-Chef Eric Schweizer sprach am gestrigen Sonntag im ZDF davon, dass deutsche Firmen in Griechenland seit einer Woche auf Überweisungen ihrer Kunden warten. Wann die Kreditinstitute wieder öffnen können, ist unklar. Das könnte auch den für das Land lebenswichtigen Tourismus hart treffen.
Schnelle Lösungen sind nicht zu erwarten, denn Geldgeber und Athen müssen ganz von vorne anfangen. Und die Geberseite zeigte sich in den letzten Tagen hart. Bereits vor der Volksabstimmung hatte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gewarnt, dass ein „Nein“ die griechische Seite enorm schwächen würde.
Die Meinungen sind unterschiedlich – Trotzdem muss dringend mit einer Stimme gesprochen werden
So ist eine Krisensitzung nach der anderen ist für diese Woche geplant. Die Meinungen sind bislang noch recht unterschiedlich. Es dürfte jetzt schwierig werden, mit einer Stimme zu sprechen. Frankreich plädiert für Notkredite: Finanzminister Michel Sapin hat der Europäischen Zentralbank (EZB) nahegelegt, ihre Nothilfen für griechische Banken nicht zu kappen. „Derzeit gibt es ein Niveau an Liquidität, das nicht verringert werden kann", äußerte der Franzose heute gegenüber dem Rundfunksender Europe 1.
Rückkehr zur Drachme als Allheilmittel?
Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn hingegen rät den Griechen nun, den Sprung in die eigene Währung zu wagen. „Die Drachme sollte sofort als virtuelle Währung eingeführt werden“, sagte er in München. „Alle Verträge des Landes einschließlich der Schuldverträge mit Ausländern sollten umgewandelt werden. Das würde den griechischen Staat und die griechischen Banken wieder flüssig machen.“
Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Georg Fahrenschon, forderte heute im Handelsblatt: „Mit dem ,Nein' hat sich das griechische Volk gegen die Grundlagen und Regeln eines einheitlichen Währungsraums ausgesprochen. Konsequenterweise sollte Griechenland jetzt aus der Euro-Währungsgemeinschaft ausscheiden.“
Bleibt noch die gewichtige Frage: „Was nun, Frau Merkel?" ...
Griechisches Votum drückt den DAX ins Minus - Mit einer Ausnahme!
Alle Papiere erleiden zum heutigen Handelsbeginn Abschläge – außer die der Dt. Post. Dass die Aktie als einzige im Plus liegt, hat einen eindeutigen Grund: Die Anleger feiern das Ende der monatelangen Streiks bei der Dt. Post. Nach der Tarifeinigung gewannen die Papiere bis zu 3,9%, während der DAX zeitweise um 2% nachgab.
Wie es für die heutige BÖRSEN-SPIEGEL-Top-Empfehlung aussieht, das erfahren Sie im Wochenupdate von Jürgen Schmitt und seinem Team. Nur so viel vorab: Es handelt sich um einen Top-Pick aus der Tourismus-Branche. Inwieweit diese in der gerade gestarteten Saison unter dem Griechenland-Debakel oder auch den jüngsten Anschlägen in Tunesien leidet, können Sie ebenfalls in der heutigen Ausgabe des BÖRSEN-SPIEGEL lesen.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in eine so heiße wie spannende Börsenwoche.
Herzliche Grüße
Ihre
Martina Bisdorf
PS: Fast leise bei all dem Griechenland-Spektakel wird diese Woche Alcoa traditionsgemäß die Berichtssaison in den USA einläuten, von der Experten allerdings keine nennenswerten Impulse erwarten. Der Aluminiumriese legt am Mittwochabend seine Q2-Zahlen vor.
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Ihre BÖRSEN-SPIEGEL-Woche im Überblick
Montag, 06. Juli 2015
Konjunkturdaten:
08:00 Deutschland: Auftragseingang Industrie 05/15
10:30 Deutschland: Sentix Investorenvertrauen 07/15
16:00 USA: ISM-Index Dienste 06/15 (endgültig)
Unternehmensdaten:
Europa:
Großbritannien: Easyjet: Verkehrszahlen 06/15
Sonstige Termine:
09:45 Deutschland: Luftverkehrs-Kongress „Aviation Event" zu diversen Themen wie Flughafenentwicklung und Frachtverkehr, Frankfurt
Dienstag, 07. Juli 2015
Konjunkturdaten:
08:00 Deutschland: Industrieproduktion 05/15
11:30 Deutschland: Inflationsindexierte Anleihen; Laufzeit: bis 2026; Volumen: 1,0 Mrd Euro
14:30 USA: Handelsbilanz 05/15
Unternehmensdaten:
Deutschland:
Air Berlin: Verkehrszahlen 06/15 (08:00)
Manz: Hauptversammlung, Filderstadt (10:00)
Europa:
Finnland: FinnAir: Verkehrszahlen 06/15
Großbritannien: Marks & Spencer: Q1 Interim Statement + HV
Schweden: SAS: Verkehrszahlen 06/15
Sonstige Termine:
09:30 Deutschland: Fortsetzung im Prozess gegen Jürgen Fitschen, Co-Chef der Dt. Bank, und weitere Ex-Manager wegen versuchten Betrugs im Kirch-Verfahren, München
10:00 Deutschland: Pk des DIW zum Führungskräftemonitor 2015, Berlin
Belgien: EU-Parlament stimmt über Reform des europäischen Emissionshandels ab
Mittwoch, 08. Juli 2015
Konjunkturdaten:
08:00 Deutschland: Umsatzindex im Verarbeitenden Gewerbe 05/15
11:30 Deutschland: Anleihen; Laufzeit: 2 Jahre; Volumen: 3 Mrd Euro
11:00 GR: Geldmarktpapiere; Laufzeit: 6 Monate; Volumen: 1,25 Mrd Euro
16:30 USA: Energieministerium Ölbericht (Woche)
20:00 USA: Fed FOMC-Sitzungsprotokoll 16./17.6.15
Unternehmensdaten:
Deutschland:
CropEnergies: Q1-Zahlen (07:00)
Hornbach: Hauptversammlung (11:00)
Europa:
Schweiz: Barry Callebaut: 9-Monatsumsatz (07:00)
Frankreich: Air France-KLMJ: Verkehrszahlen 06/15
USA:
Alcoa: Q2-Zahlen (22:00)
Sonstige Termine:
09:00 Deutschland: Bundesbank-Symposium „Bankenaufsicht im Dialog"
11:00 Deutschland: PK Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) und Kirchhoff Consult AG zum Thema „Analyse der DAX-Prognoseberichte", Ffm.
12:00 Deutschland: Europäische Zentralbank (EZB) veröffentlicht Bericht zur internationalen Rolle des Euro, Frankfurt
Russland: Beginn des zweitägigen Gipfels der Brics-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) geplant.
Donnerstag, 09. Juli 2015
Konjunkturdaten:
08:00 Deutschland: Handelsbilanz 05/15
14:30 USA: Erstanträge Arbeitslosenhilfe (Woche)
Unternehmensdaten:
Deutschland:
Südzucker: Q1-Zahlen (07:00)
Gerresheimer: Q1-Zahlen (07:30)
Fielmann: Hauptversammlung, Hamburg (10:00)
Dt. Lufthansa: Verkehrszahlen 06/15 (13:00)
Chorus Clean Energy: Ende der Zeichnungsfrist
USA:
PepsiCo: Q2-Zahlen (12:30)
Sonstige Termine:
08:30 Deutschland: Bundesbank-Konferenz "Turning points in history: How crises have changed the tasks and practice of central banks" u.a. mit Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Frankreichs Finanzminister Michel Sapin, Ffm.
09:00 Deutschland: BGH verkündet Urteil über die Markenrechte von Nivea
Freitag, 10. Juli 2015
Konjunkturdaten:
08:00 Deutschland: Großhandelspreise 06/15
08:00 Deutschland: Insolvenzen 04/15
Unternehmensdaten:
Deutschland:
Fraport: Verkehrszahlen 06/15 (07:00)
Sonstige Termine:
EU: S&P Ratingergebnis für Deutschland
EU: Moody's Ratingergebnis für EU
18:00 USA: Rede von Fed-Chefin Yellen beim City Club of Cleveland
Russland: Abschluss des Gipfels der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) und Ende des zweitägigen Gipfeltreffens der Brics-Gruppe
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