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Ausgabe vom 16. April 2015
- Pressespiegel: Übernahmewelle schwappt weiter
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Übernahmen, ob angedacht, geplant, in der Umsetzung oder bereits durchgeführt… Ein Thema, das seit Langem in der Welt der großen Unternehmen eine beherrschende Rolle spielt. Tendenz steigend. Der jüngste angekündigte Mega-Deal betrifft die Telekommunikationsbranche. Letzte Woche wurde bekannt, dass der finnische Konzern Nokia durch die Übernahme seines französischen Konkurrenten Alcatel-Lucent zur weltweiten Nummer eins unter den Netzwerkausrüstern werden will.
Nicht weniger interessant ist die bevorstehende Fusion des britischen Energiekonzerns Royal Dutch Shell mit dem britischen Gasproduzenten BG Group. Wie letzte Woche verlautete, verhandeln die beiden Konzerne über einen Zusammenschluss. Es wäre die erste Großfusion dieser Art in der Energiebranche seit mehr als zehn Jahren und mit der angedachten Offerte von Shell, 383 Pence je BG-Aktie in bar und 0,4454 eigene Aktien je BG-Anteilschein zu zahlen, eine der größten Übernahmen in diesem Jahr.
Wir erinnern uns: Im vergangenen Jahr zog sich eine gewaltige Fusionswelle durch die Pharmabranche. „Die großen Player haben in den letzten Jahren nur wenig zugekauft. Um nicht hinter dem Wachstum des Gesamtmarktes zurückzubleiben, halten sie nun verstärkt Ausschau nach Firmen und Sparten, die zum bestehenden Portfolio passen", erklärte damals Gerd Stürz, Leiter des Pharmabereiches bei Ernst&Young, die grassierende „Fusionitis“ unter den Großen der Branche.
Kostendruck und Sparzwang
Besonders der Milliarden-Deal zwischen dem Schweizer Pharma-Schwergewicht Novartis, der britischen GlaxoSmithKline und dem US-Konzern Eli Lilly hatte für Ausehen gesorgt. Kenner der Branche hatten befürchtet, dass die Zusammenschlüsse, die meist Kostendruck und Sparzwang als Ursache haben, zu Lasten der Forschungssparten gehen.
Wie der Pharmasektor heute aufgestellt ist und welche Übernahmen dieses Jahr noch auf uns zukommen, und zwar auch in Branchen, in denen das nicht unbedingt erwartet wird, sowie bei kleineren Unternehmen, dazu habe ich Ihnen einige Aussagen aus etablierten Finanzpublikationen zusammengetragen. Lesen Sie hier, was die Experten dazu meinen.
Das sagen die Experten:
Fuchs-Kapitalanlagen
Vom 10. April 2015
Pharmabranche im Aufwind
„Noch vor wenigen Jahren stellten Experten die Chancen der Pharmaindustrie grundsätzlich in Frage. Wachsende Regulierung, wie etwa in Deutschland die Verpflichtung, den Nutzen neuer Produkte (gegenüber bereits auf dem Markt befindlicher Produkte) nachzuweisen, schienen eine dauerhafte Margenverringerung zu bedeuten. Zudem hatten die Unternehmen Schwierigkeiten, innovative Wirkstoffe zu entwickeln. Die ,Produktpipeline‘ vieler großer Pharmahersteller war nahezu leer. Doch innerhalb weniger Jahre hat sich die Situation gewandelt. Durch Übernahme kleiner Biotech- Unternehmen oder Einlizensierung derer Entwicklungen gelang es ,Big Pharma‘ zahlreiche neue Wirkstoffe, häufig auf Basis von Gentechnik, auf den Markt zu bringen. Besonders im Bereich der Krebsmedizin gelangen dabei Produkte auf den Markt, die hohe medizinische und wirtschaftliche Erfolge bieten. Zwar sind unter den neuen Produkten weniger ,Blockbuster‘, d.h. Medikamente mit einem Umsatz von über 1 Mrd. Dollar p.a. Mit den neuen Produkten erwirtschaften die Hersteller aber dennoch hohe Margen und relevante Umsätze.“
Platow-Börse
Vom 15. April 2015
Entsteht ein Weltmarktführer?
„Lixil übernimmt Grohe mit Linklater komplett: Linklaters hat die japanische Lixil Corporation beim Erwerb des verbliebenen Minderheitsanteils von 12,5% am Armaturenhersteller Grohe beraten. Das Team stand unter der Federführung der beiden Corporate-Partner Klaus Marinus Hoenig (Düsseldorf) und David Holdsworth (London). Verkäufer ist die Cai GmbH. Mit der Übernahme wird Grohe eine Einheit innerhalb der künftigen Lixil Water Technology Group (LWTG). LWTG wird das gesamte Lixil-Sanitärgeschäft mit den Marken Grohe, American Standard, Joyou und Lixil/ Inax vereinen. Durch diesen Schritt entstehen ein Weltmarktführer und die größte Plattform im globalen Sanitärmarkt mit einem Umsatz von rund 6 Mrd. Dollar. Lixil war vor einem Jahr mit einer Mehrheitsbeteiligung bei Grohe eingestiegen.“
Handelsblatt online
Vom 15. April 2015
Nokia will den Namen Alcatel verschwinden lassen
„Nokia will sich mit dem Kauf von Alcatel-Lucent neu erfinden. Der Netzwerk-Ausrüster Nokia setzt zur Übernahme des Konkurrenten Alcatel-Lucent an. Der finnische Konzern bietet dafür in einem 15,6 Mrd. Euro schweren Deal eigene Aktien an. Der neue europäische Netzwerk-Riese soll Nokia Corporation heißen. Hauptsitz werde Finnland sein, mit einer ,starken Präsenz‘ in Frankreich, teilte Nokia am Mittwoch mit. Die beiden kleineren europäischen Netzwerk-Ausrüster müssen sich gegen die scharfe Konkurrenz aggressiver Rivalen aus China wappnen, stehen aber auch mit dem US-Branchenriesen Cisco im Wettbewerb. Nokia bietet 0,55 neue Aktien für einen Anteilsschein von Alcatel-Lucent. Der Deal solle im ersten Halbjahr 2016 abgeschlossen werden. Nokia-Chef Rajeev Suri solle auch das neue Unternehmen führen. Alcatel-Lucent werde mit insgesamt 15,6 Mrd. Euro bewertet, hieß es. Für die Aktionäre bedeute das einen Aufschlag von 28% auf den durchschnittlichen Preis der vergangenen drei Monate. Netzwerk-Ausrüster liefern Technik für Telekom-Konzerne. Dabei stehen etablierte westliche Anbieter unter verstärktem Druck aggressiver Rivalen aus China. Gemeinsam könnten Nokia und Alcatel-Lucent besser mit ihnen konkurrieren. Bis 2019 sollen jährliche Einsparungen von 900 Mio. Euro bei den operativen Kosten erzielt werden, wie Nokia ankündigte.“
Sie sehen, die Welt dreht sich auch nach den Übernahmen weiter. Gerade aus dem Artikel über den Pharmasektor wird ersichtlich, dass ganze Branchen daran sogar gesunden können. Stellten Experten einst die Pharma-Aktien komplett in Frage, so stehen diese heute durchweg gut da. Über die weitere Entwicklung halten wir Sie hier im BÖRSEN-SPIEGELdaily wie auch im BÖRSEN-SPIEGEL auf dem Laufenden.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.
Herzliche Grüße
Ihre
Martina Bisdorf
PS: Kleiner Nachtrag zu meinem Pressespiegel „Griechische Tragödie“ vom 09. April 2015: Heute äußerte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf dem „Council on Foreign Relations“ in New York, dass ein „Grexit“ (Austritt Griechenlands aus der europäischen Währungsgemeinschaft) keine ernsthaften Folgen für die Weltwirtschaft hätte. Er sehe diesem möglichen Szenario entspannt entgegen…
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