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Ausgabe vom 21. Januar 2015
- Big Google is watching us – Kundenbindung aus dem All
- Zitat der Woche
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Big Google is watching us – Kundenbindung aus dem All
von Martina Bisdorf
Redaktion BÖRSEN-SPIEGEL Like Follow
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Google-Gründer Larry Page und der Elektroauto-Pionier Elon Musk haben gemeinsam Gigantisches vor: Aus dem Universum via Satellit will der Internet-Riese Google die „unterentwickelten“ Teile unseres Erdballs dem World Wide Web zugänglich machen. Das ist im Grunde ein löblicher Gedanke, der ohne Zweifel einigen Teilen der Weltbevölkerung helfen könnte, ans Geschehen an- und eingebunden zu werden.
Der Preis: Eine Milliarde Dollar (rund 860 Mio. Euro) für Google und dafür das Provider-Monopol für den „Rest der Welt“. Das hört sich nach einer „Win-Win-Win"-Situation an. Für Larry Pages Google, für Elon Musks private Raumfahrtfirma SpaceX und für diejenigen, die nun auch in den abgelegensten Gegenden Afrikas, Asiens oder Südamerikas internetfähig gemacht werden sollen – sofern sie sich das denn leisten können…
Google verhandelt über groß angelegten Einstieg bei SpaceX
In San Francisco sind die Verhandlungen Medienberichten zufolge bereits voll im Gange: Google wolle demnach bei SpaceX einsteigen, berichtet das Wall Street Journal. Die geplante Investition habe mit den Plänen von SpaceX für ein Satelliten-Netz zur Versorgung mit Internet-Zugängen zu tun, berichtet auch die Technologie-Website The Information unter Berufung auf informierte Personen. Die Finanzierungsrunde mit mehreren Geldgebern bewertet SpaceX demnach mit mehr als 10 Mrd. Dollar.
SpaceX baut bislang vor allem Raketen, nun will ihr Gründer Elon Musk die Welt über Satellit mit Internet versorgen. Der innovationsstarke Musk, der auch hinter dem Elektroauto-Pionier Tesla steht, hatte erst vor wenigen Tagen die Pläne für das Netz aus hunderten tieffliegenden Satelliten zur günstigen Internet-Versorgung öffentlich gemacht. Der Aufbau könnte nach Medienberichten rund fünf Jahre dauern. Technische Details wurden bislang noch nicht bekannt.
Ein Plan, für den sich Google schnell begeistern ließ. Denn der Internet-Marktführer arbeitet genauso wie Facebook daran, Milliarden Menschen in Entwicklungsländern ins Internet zu bringen. Dafür will Google unter anderem Antennen auf Ballons in der Stratosphäre einsetzen.
Eigenes Satelliten-Projekt gescheitert – Google setzt jetzt auf Elon Musk
Der Internet-Konzern verfolgte auch ein eigenes Satelliten-Projekt, nach dem Weggang des federführenden Managers Greg Wyler werde nun aber eine Alternative gesucht, schrieb The Information. Wyler kündigte jüngst ein eigenes Internet-Satellitenprojekt mit dem Namen „OneWeb“ an, das unter anderem vom Chipkonzern Qualcomm unterstützt wird.
Er habe ebenfalls über eine Kooperation mit SpaceX verhandelt, die Gespräche seien jedoch laut Angaben des Wall Street Journal gescheitert. Nun soll es also Larry Page in Kooperation mit Elon Musk richten. Ein vielversprechendes Gespann!
Für Google ist es nicht der erste Vorstoß ins Weltraum-Geschäft: Der Internet-Konzern kaufte im vergangenen Jahr bereits die Firma Skybox, deren Satelliten Video-Aufnahmen in hoher Auflösung von der Erdoberfläche machen sollen.
Auch Facebook schwebt zur Internet-Versorgung in Entwicklungsländern ein System mit Satelliten und Antennen auf Drohnen vor. Im Rahmen der Initiative „Internet.org“ arbeitet das weltgrößte soziale Netzwerk bereits mit Telekom-Unternehmen zusammen. Google und Facebook verweisen darauf, dass bisher die Mehrheit der Weltbevölkerung noch nicht online ist - und hoffen natürlich auf Milliarden neuer Kunden.
Es gibt auch kritische Stimmen – Wie immer, wenn es um Pionierarbeit geht
Andrew Keen ist der wohl schärfste Kritiker des Silicon Valley. In seinem neuen Buch „Das digitale Debakel“ beschimpft er Mark Zuckerberg und andere Stars der US-Tech-Branche. Er sieht mehr Gefahren als Nutzen in der weltweiten digitalen Revolution.
„Der Silicon-Valley-Übermensch ist ein Raubritter…“
… behauptet Andrew Keen in einem Interview mit Christian Stöcker bei Spiegel Online über Facebook-Chef Mark Zuckerberg: „Was ich kritisiere, ist eine bestimmte Art des globalen, libertären Kapitalismus, in dem der Markt vollständig dominiert und von dem manche Menschen finden - besonders gewisse libertäre Typen im Silicon Valley, dass er keinerlei Beschränkungen bedarf, keiner Gesetzgebung, keiner Regulierung.“
Der Brite war einst selbst Unternehmer im Silicon Valley. Seine Firma Audiocafé scheiterte jedoch schon in den 90er Jahren. Jetzt begehrt er auf: „Ich bin tatsächlich wütend darüber, welche Welt da gerade entsteht. Ich glaube, immer mehr Menschen sind zornig über eine Welt mit immer schärferer Ungleichheit. Das ist natürlich nicht nur das Silicon Valley, aber es hat einen bedeutsamen Anteil daran. Zuckerberg (Facebook; die Red.), Larry Page (Google; die Red.), Sergey Brin (Google; die Red.), Jeff Bezos (Amazon; die Red.), die haben alle um die 30 Mrd. Dollar, sie alle gehören zu den 20, 30 oder 40 reichsten Menschen der Welt. Ich bin nicht neidisch auf diese Art von Reichtum, weil er mir abstrakt erscheint.“
Das World Wide Web als Friedensstifter
Sicher, mögen Sie jetzt sagen, sind diese Überlegungen in Teilen durchaus gerechtfertigt. Aber es ist nun mal so, dass es keine Medaille ohne die berühmte Kehrseite gibt. Und eines ist klar: Um echten Fortschritt für Wirtschaft und Menschheit zu erzielen, braucht es den mutigen und innovativen Geist eines Larry Page oder eines Elon Musk. Sie verdienen nicht nur viel, sie riskieren auch viel. Denn nur wer bereit ist, unternehmerisches Risiko zu tragen, der wird auch etwas voranbringen.
Trotz aller Bedenken, die sicher in Kürze bei den Öko-Sozialkritikern aufkommen werden (ich höre sie schon reden…), das Internet werde nun auch noch die letzten weißen Flecken auf der Erde „verderben“, bin ich der Meinung, dass das World Wide Web nicht nur Geldmacherei ist, sondern sich in jüngster Zeit auch als großer Friedensstifter erwiesen hat.
Es erlaubt und ermöglicht, jede noch so unwichtige Information in Sekundenbruchteilen rund um den Globus zu jagen. Es entlarvt Betrüger, weist unermüdlich auf Missstände hin und bewegt Regierungen zum Handeln. Zwar „zwingt“ es derzeit noch so manche Regierung (wie in China, Russland oder der Türkei) dazu, gewisse Seiten zu „regulieren“, doch auch hier ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch diese „Mauern“ fallen.
Wir werden jedenfalls das Google-SpaceX-Projekt verfolgen und – wer weiß – in ein paar Jahren auch mit den restlichen zwei Dritteln der Weltbevölkerung, die bislang noch nicht ans Netz angebunden sind, kommunizieren und unseren Horizont dadurch erweitern.
Wie denken Sie über die „universellen Pläne“ von Larry Page und Elon Musk? Ihre Meinung interessiert mich unter: Martina.Bisdorf@boersenspiegel.com.
Es grüßt Sie herzlich und kritisch zur Wochenmitte
Ihre
Martina Bisdorf
PS: Heute beginnt das alljährliche Weltwirtschaftsforum World Economic Forum (WEF) im Schweizer Alpenkurort Davos – und zwar mit Rekordteilnahme. Hunderte Topmanager und Spitzenpolitiker aus aller Welt treffen sich zu Beratungen. Schließlich geht es gleich am ersten Tag um äußerst brisante Themen wie die Probleme in der Euro-Zone und die Ukraine-Krise, die mit neuen Gefechten wieder aufgeflammt ist.
Zitat der Woche
„Das Internet erschafft keine neue Gesellschaft, es spiegelt nur die Gesellschaft wieder."
Roger Pfaff, deutscher Web-Entwickler und Aphoristiker
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