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Ausgabe vom 09. Oktober 2014


  • Damit unter dem Strich Wachstum bleibt:
    Erst rechnen, dann verhandeln   
       

 

Damit unter dem Strich Wachstum bleibt:
Erst rechnen, dann verhandeln   



von Martina Bisdorf
Redaktion BÖRSEN-SPIEGEL        FacebookLike   TwitterFollow

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

auf der Suche nach positiven Nachrichten war ich heute – leider vergeblich – im ARD-Morgenmagazin unterwegs. Interessant jedoch waren die Ausführungen des stellvertretenden DIHK-Hauptgeschäftsführers Volker Treier, der auch im dritten Quartal mit einer Stagnation oder sogar mit einem Minus-Wachstum in Deutschland rechnet. Er ging sogar so weit, das „böse R-Wort“ offen auszusprechen: „Das wäre dann technisch gesprochen eine Rezession.“

Die internationalen Krisen seien in dieser Form nicht vorhergesehen worden, und das Wachstum der Schwellenländer sei hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Zudem sei in Deutschland schon seit Jahren zu wenig investiert worden. Kein Wunder also, dass viele Unternehmen verunsichert sind, sicher nicht zuletzt auch deswegen, weil im Inland Reformen teilweise in die falsche Richtung angestoßen wurden.

Aufgrund der geopolitischen Krisen sind die Export-Zahlen der „Export-Rekord-Nation“ Deutschland deutlich gesunken. Waren diese noch im Juli um 4,8% gestiegen, sind sie im August um sage und schreibe 5,8% gefallen, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden heute Früh mitteilte.


Sorgen der Menschen sind ernst zu nehmen

Obwohl all das noch lange kein Grund ist, dem Herdentrieb der medialen Pessimisten zu folgen, macht die weltweite wirtschaftliche Entwicklung doch vielen Menschen Sorge. Das ist verständlich. So erhalten wir immer wieder Anrufe beunruhigter Leser, die sich natürlich mit den Auswirkungen auf ihr privates Portfolio auseinandersetzen.

Sehr häufig kommt das Thema „kalte Progression“ dabei zur Sprache. Jeder hat den Begriff schon einmal gehört, glaubt auch zu wissen, was dahinter steckt. Aber so ganz klar sind die Zusammenhänge dann doch den meisten nicht. Deshalb habe ich mich heute Morgen einmal mit meinem Kollegen Cliff Michel, Chefredakteur des Smart Money Investor und Experte in Sachen Steuern, zusammengesetzt und mir die steuerlichen Zusammenhänge, die zur so genannten „kalten Progression“ führen, genau erklären lassen:




Cliff Michel:

„Was verbirgt sich hinter dem Begriff kalte Progression?:

Wer in Deutschland sein Geld verdient, muss grundsätzlich Einkommensteuer bezahlen. Sie wird nach dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Leistungsfähigkeit erhoben. Das bedeutet auch, wer mehr verdient, muss auch einen größeren Teil seines Einkommens als Steuer abgeben. Er ist also „leistungsfähiger“. So sieht es der Gesetzgeber. Nun kann es aber bei der Besteuerung vorkommen, dass eine Gehaltserhöhung zu einem Einkommensverlust führt. Ursache dafür ist die kalte Progression.

Per Definition verhält es sich folgendermaßen: Wenn Einkommens- und Lohnerhöhungen lediglich die Inflation ausgleichen, spricht man von kalter Progression. Wenn beispielsweise das Preisniveau in einem Jahr um 2% steigt, erzielt ein Steuerpflichtiger im gleichen Jahr einen Einkommenszuwachs von ebenfalls 2%. Real hat sich damit an seiner wirtschaftlichen Situation nichts geändert. Da aber die progressive Versteuerung jetzt einen höheren Grenzsteuersatz aufweist, sinkt seine Kaufkraft de facto im Vergleich zum Vorjahr.


Progressive Versteuerung – Der Unterschied zwischen Durchschnitts- und Grenzsteuersatz

Die Einkommensteuer ist ein progressiver Tarif – demzufolge erhöht sich der Durchschnittssteuersatz mit steigendem Einkommen. Der Tarif beginnt mit einer Null-Zone, dem Grundfreibetrag (s. Ausgabe BÖRSEN-SPIEGELdaily vom 25. September). Dieser liegt zurzeit bei 8.354 Euro. Bis zu diesem Grundfreibetrag wird dementsprechend Nullsteuer erhoben. Danach steigt der Steuersatz von anfänglich 14% bis auf 42% an. Ganz einfach ausgedrückt bedeutet das, dass der erste Euro über dem Grundfreibetrag mit 14% Einkommensteuer belastet wird.

Der sogenannte Grenzsteuersatz ist der Steuersatz für den ersten Euro des zu versteuernden Einkommens. Bei dem vorgenannten Beispiel mit dem Grundfreibetrag von 8.354 Euro bedeutet das: Während der 8.354ste Euro noch mit einem Steuersatz von 0% besteuert wird, wird der 8.355ste Euro mit einem Steuersatz von 14% belastet.

Im Gegensatz dazu gibt der Durchschnittssteuersatz den Steuersatz für das gesamte Einkommen an. So beträgt der Grenzsteuersatz für den 8.355sten Euro zwar 14%, für die gesamten 8.355 Euro ergibt sich aber ein Durchschnittssteuersatz von nahezu 0%.


Der Grenzsteuersatz - Ihr persönlicher Spitzensteuersatz

Wer sich die komplizierte Berechnung des eigenen Grenzsteuersatzes ersparen will, kann es sich auch einfacher machen. Ich beschreibe das einmal an einem anschaulichen Beispiel: Bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen eines Verheirateten von 75.000 Euro beträgt im Jahr 2014 die Einkommensteuer 16.104 Euro (ohne „Soli“). Rechnen wir jetzt nur noch mit einem zu versteuernden Einkommen von 70.000 Euro, so beträgt für das Jahr 2014 die Einkommensteuer 14.384 Euro. Dies ergibt eine Differenz von 1.720 Euro.

1.720 dividiert durch 5.000 ergibt einen Grenzsteuersatz von 34,4%. Das heißt: Erhöht ein verheirateter Steuerzahler bei Zusammenveranlagung sein steuerpflichtiges Einkommen von 70.000 Euro um weitere 5.000 Euro, so sind hierfür 1.720 Euro zusätzlich an das Finanzamt als Einkommensteuer abzuführen. Hinzu kommt dann noch der Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls die Kirchensteuer.


Abschaffung der kalten Progression ist bereits angemahnt

Markus Söder erklärte unlängst, dass die Abschaffung der kalten Progression keine Steuersenkung sei, sondern bezeichnete sie als Gerechtigkeitsfrage. Es müsse Schluss sein mit der „heimlichen Steuererhöhung“ durch die kalte Progression, so der bayerische Finanzminister weiter.

Tatsächlich sind Bestrebungen im Gange, dass der Einkommensteuertarif künftig, je nach Inflationsrate, jedes Jahr so angepasst wird, dass höhere Löhne, die nur die allgemeine Teuerung ausgleichen, nicht automatisch zu einer überproportional steigenden Steuerlast führen. Laut einer Umfrage von INSA empfinden immerhin zwei Drittel der Bundesbürger die heimlichen Steuererhöhungen durch die sogenannte kalte Progression als ungerecht und drängen darauf, sie abschaffen.“


Erst rechnen – Dann zum Chef gehen

Lassen Sie diese Ausführungen meines Kollegen Cliff Michel auf sich wirken und denken Sie bei Ihrer nächsten Gehaltserhöhung daran, sich Ihren persönlichen Spitzensteuersatz auszurechnen, bevor Sie mit Ihrem Chef in Verhandlung treten.

Immer gut beraten sind Sie mit dem
Smart Money Investor, in dem Ihnen Chefredakteur Cliff Michel regelmäßig wertvolle Tipps zur Kapitalanlage sowie Empfehlungen aus seinem Spezialgebiet Derivate, aktuelle Informationen zu Aktien und einen Einblick in die Rohstoffmärkte liefert.

Wir laden Sie ein, den Smart Money Investor jetzt 30 Tage kostenlos zu testen und wünschen Ihnen einen schönen Tag.

Herzliche Grüße

Ihre
Martina Bisdorf

PS: Gerade frisch über die Nachrichtenticker gelaufen sind die Ergebnisse des Herbstgutachtens der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute: Demzufolge wird die deutsche Konjunktur in diesem Jahr nur noch um 1,3% wachsen. Im Frühjahr hatten sie noch ein Plus von 1,9% prognostiziert. Fazit: Trotz der rundum gesenkten Prognosen bleibt unter dem Strich immer noch Wachstum.
 



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