Börse, Wirtschaft, Lifestyle - Was Anleger & Börsenprofis bewegt

Ausgabe vom 18. September 2014


  • Joker durch fehlerhafte Bank-Belehrung   


 

Joker durch fehlerhafte Bank-Belehrung  

von Martina Bisdorf
Redaktion BÖRSEN-SPIEGEL        FacebookLike   TwitterFollow

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

heute gibt es wieder einen Tipp zum Thema Geld sparen. In diesem Fall geht es sogar darum, bereits bezahltes Geld zurückzubekommen. Hört sich interessant an - ist es auch. Denn bei näherem Hinsehen, könnte der nachfolgende Beitrag insbesondere für Hausbesitzer und solche, die es werden wollen, interessant sein.

Durch die aktuelle Niedrigzinsphase sind natürlich auch die Zinsen für Hypothekendarlehen stark gesunken. Wer zum Beispiel im Jahre 2008 noch eine Immobilie finanziert hat, musste für ein Darlehen bei einer Laufzeit von zehn Jahren noch über 5% bezahlen. Heutzutage bekommt man die Finanzierung schon zu einem Zinssatz um die 2%.


Das Beispiel

Aus dem nachstehenden Beispiel wird ersichtlich, wie viel Einsparpotenzial man erzielt, wenn der Zinssatz um 2% niedriger liegt. Muss zum Beispiel ein Bankkunde noch EUR 100.000 Euro tilgen und er zahlt eine monatliche Rate in Höhe von 700 Euro bei einem Zinssatz von 4,5%, hat er in fünf Jahren eine Restschuld in Höhe von rund 78.000 Euro. Bei einem Zinssatz von 2,5% beträgt die verbleibende Restschuld in fünf Jahren nur noch rund 69.000 Euro. Eine Zinssenkung würde diesem Kunden somit eine Einsparung in Höhe von ca. 9.000 Euro bringen.

Das Prinzip des Jokers

Doch welche Möglichkeit besteht nun bei laufenden  Kreditverträgen, in den Genuss der günstigeren Zinsen zu kommen? In der Regel verlangen die Banken für eine vorzeitige Kündigung eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung, sodass meistens der Vorteil des Einsparens nicht mehr attraktiv ist.

Helfen kann hierbei der sogenannte Widerrufsjoker. Bei einem Widerruf kann die dann fällige Vorfälligkeitsentschädigung vermieden werden und der Bankkunde kann sich ohne Vorfälligkeitsentschädigung vom Vertrag lösen. Er kann dann eine günstigere Finanzierung zu einem weitaus niedrigeren Zinssatz bei einer anderen Bank suchen. Es lassen sich im Ergebnis horrende Summen einsparen. Die Möglichkeit den Widerrufsjoker zu ziehen, ist dann eröffnet, wenn die Bank fehlerhafte Widerrufsbelehrungen verwendet hat und die eigentliche Widerrufsfrist von 14 Tagen bereits abgelaufen ist.


80% Fehlerquote - Das ist eine Menge

Untersuchungen von Stiftung Warentest haben ergeben, dass die von Banken verwendeten Widerrufsbelehrungen zum großen Teil fehlerhaft sind. Dies wird in der Juli-Ausgabe 2014 des Verbrauchermagazins dokumentiert. Dort wird ausgeführt, dass die Verbraucherzentralen von Hamburg, Bremen und Sachsen rund 10.000 Kreditverträge geprüft haben und in ca. 80% der Fälle fehlerhafte Widerrufsbelehrungen vorlagen. In rund 50% der Fälle wurde dies auch von Gerichten bereits anerkannt.

Rechtliche Grundlage

Wenn Banken Verbrauchern den Abschluss eines Darlehensvertrages anbieten, dann sind sie verpflichtet, diese hinreichend über ihr Widerrufsrecht aufzuklären. Der Verbraucher soll sich innerhalb einer Überlegungsfrist von 14 Tagen vom Vertrag wieder lösen können. Diese Frist setzt allerdings nicht ein, bevor der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Sofern die gebotene Widerrufsbelehrung formale oder inhaltliche Fehler enthält, beginnt die Frist also erst gar nicht und der Verbraucher kann den Darlehensvertrag auch noch nach Jahren widerrufen.
 

Im Folgenden nur einige namhafte Banken und ihre erstaunlichen Fehlerquoten: 

ING-Diba mit 86,82% fehlerhafter Verträge

DSL Bank: 82,99% Fehlerquote
Deutsche Bank: immerhin 66,04% fehlerhafte Belehrungen
Münchner Hypothekenbank: 64,44%
BHW Bausparkasse ist mit 56,76% dabei
Dresdner Bank bringt es auf 88,24%


Vorfälligkeitsentschädigung zurückholen

Auch wenn Sie bereits vor einiger Zeit vorzeitig aus Ihrer Baufinanzierung ausgestiegen sind, können Sie von einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung in einem alten Vertrag profitieren. Wenn Sie nämlich deswegen eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben, besteht die Möglichkeit, dass Sie diese zurück erhalten. Es gibt Gerichte, die in solchen Fällen für den Verbraucher entschieden haben. Andere wiederum vertreten die Auffassung, dass nach Vertragsauflösung auch kein Recht mehr auf nachträglichen Widerruf bestehe.

Höchstrichterliche Entscheidungen, die klar deklarieren, ob Sie Ihren Vertrag auch nach Beendigung aufgrund einer fehlerhaften Belehrung widerrufen können, stehen allerdings noch aus. Aber einen Versuch sollte es allemal wert sein, am besten mit der guten Beratung eines Anwalts.

Vielleicht schaut sich jetzt der ein oder andere von Ihnen nochmal genauer seinen (alten) Darlehensvertrag an und entdeckt einen Joker. Ich wünsche Ihnen viel Gück!

Herzliche Grüße

Ihre

Martina Bisdorf

PS: Aktueller Nachtrag zum Bankenwesen, der sich allerdings nicht nach einem Joker anhört: Laut Aussagen des Online-Portals Deutsche Wirtschafts Nachrichten könnte die EZB wegen der Nicht-Berücksichtigung von Staatsanleihen bei ihrem Bilanz-Check Risiken in Höhe von 800 Mrd. Euro übersehen. Rund 64 europäische Großbanken seien betroffen, so eine Studie. Obwohl diese Banken den Bilanz-Check überstehen würden, hätten sie dennoch zu wenig Kapital für den Krisenfall.





Abbestellen des Newsletters

Wenn Sie diesen kostenlosen Newsletter abbestellen wollen, klicken Sie bitte HIER.

Ihnen wurde dieser kostenlose Newsletter weitergeleitet
und Sie wollen ihn nun auch beziehen?

Gehen Sie einfach aufwww.boersenspiegel.com und geben Sie Ihre E-Mail-Adresse in das entsprechende Formularfeld ein.

Kritik, Fragen, Anregungen?
Senden Sie uns eine E-Mail an
Martina.Bisdorf@boersenspiegel.com

Risikohinweis
Bitte beachten Sie: Die Informationen stellen weder ein Verkaufsangebot für die behandelte(n) Aktie(n) noch eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Den Ausführungen liegen Quellen zugrunde, die der Herausgeber für vertrauenswürdig erachtet. Dennoch ist die Haftung für Vermögensschäden, die aus der Heranziehung der Ausführungen für die eigene Anlageentscheidung möglicherweise resultieren können, kategorisch ausgeschlossen. Wir geben zu bedenken, dass Aktien grundsätzlich mit Risiko verbunden sind. Der Totalverlust des eingesetzten Kapitals kann nicht ausgeschlossen werden. Sie sollten sich vor jeder Anlageentscheidung weitergehend beraten lassen. Der Herausgeber kann Short- oder Long-Positionen in der/den behandelte(n) Aktie(n) halten. Copyright: © 2014 MECONOMICS. Nachdruck (auch auszugsweise), kommerzielle Weiterverbreitung und Aufnahme in kommerzielle Datenbanken nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers.

Herausgeber:
MECONOMICS GmbH, Flemingstrasse 20-22, 36041 Fulda

 V.i.S.d.P.: Jürgen Schmitt, Fulda



Börsen-Spiegel Verlagsgesellschaft mbH
Flemingstrasse 20-22
36041 Fulda
Telefon: +49 (661) 480 499 0
Telefax: +49 (661) 480 499 15
E-Mail: service@boersenspiegel.com
Datenschutz | AGB | Impressum
©2021 Börsen-Spiegel Verlagsgesellschaft mbH